BACK TO CANADA BLOG #11
STEP 3 - Easter @ Valley of Fires
... oder wie der Osterhase uns mitten in einem Lavafeld gefunden hat!

31.03.-04.04.2021

Wenn die Lippen durch die trockene Luft langsam die Konsistenz von Dörrobst annehmen, man tagsüber schwitzt und in der Nacht bei Temperaturen um den Gefrierpunkt aus dem Schlaf gerissen wird, weil einem die Decke von den Füssen gerutscht ist und man dazu ständig das Gefühl hat, müder zu sein als eigentlich angebracht wäre, dann ist man definitiv in den Hochebenen der texanischen Prärie angekommen. 
Wir waren ja bereits 2019 immer wieder überrascht, wenn am Strassenrand Schilder mit der Aufschrift „Elevation 6000 FT“ oder mehr auftauchten. Der Rekord lag damals bei knapp 10’000 Fuss, also rund 3000 Meter über Meer. Das Verblüffendste dabei ist, dass man weder von den gewohnt engen Serpentinen noch von einer sich stetig lichtenden Baumpopulation darauf vorbereitet wird. Man fährt hier einfach meilenweit schnurgerade aus, ohne dass man sich einer Steigung oder einer Veränderung in der Vegetation bewusst wird. Kakti, Sträucher, Sand und Felsformationen wie aus einem Winnetou-Film soweit das Auge reicht. Und nichts davon hat bei mir je das Gefühl ausgelöst, als würde ich mich gerade auf Höhe eines schneesicheren Skigebietes befinden.

So waren wir jedenfalls nicht unglücklich darüber, als uns der weitere Weg Richtung Norden wenigstens für einen kurzen Moment wieder auf eine einigermassen zivilisierte Höhe brachte. Denn nach kurzer Diskussion haben wir entscheiden, uns von der Grenzregion zu Mexico zu verabschieden. Nichts gegen Mexico, aber wenn ich den mexikanischen Lebensstil hautnah erleben will, dann fahr ich direkt nach Mexico. Hier ist er jedenfalls omnipräsent und nicht alles was sich daraus in den USA entwickelt hat, schmeichelt dieser sonst so lebensfrohen, uralten und einst hochentwickelten Kultur. So haben wir uns also entschlossen, erst mal ein paar Meilen Richtung Norden hinter uns zu bringen, bevor wir weiter Richtung Westen ziehen.

Diese Entscheidung führte uns nach kurzer Fahrt aus dem „Big Bend“ heraus direkt auf den Hwy 285 North. Ein Highway, der wie mit dem Lineal gezogen quer durch die Pampa in’s Landesinnere führt. Ich weiss … von „schnurgeraden Strassen“ haben wir bereis des öfteren berichtet. Aber sowas war dann selbst für uns nochmal eine ganz neue Liga. Wir hätten ohne Probleme das Steuerrad abschrauben und aus dem Fenster werfen können und hätten unser Ziel trotzdem zielsicher erreicht.
Je länger man auf diesem Highway unterwegs ist, desto mehr wird einem klar, dass die Kargheit der Landschaft wohl in krassem Gegensatz zu ihrer wirtschaftlichen Stellung steht. Alles beginnt mit ein paar kleineren Ölpumpen, die scheinbar willkürlich aufgebaut in der Pampa herumstehen und lustlos ihren wippenden Dienst verrichten. Doch mit jeder zurückgelegten Meile legen diese Pumpen nicht nur an Grösse, sondern auch exponentiell in der Anzahl zu. Und irgendwann tauchen dann in der Ferne die ersten flammenspuckenden Schornsteine der ganzen Raffinerien auf. Ich denke es ist sicher nicht falsch wenn wir behaupten, der Highway 285 führt geradewegs über eines der bedeutendsten Ölfelder der USA. Davon zeugt auch der rege Schwerverkehr, der praktisch zu 100% aus Tanklastwagen immensen Ausmasses besteht. Es ist dann wohl auch die Mischung aus Schwerverkehr und dem absolut anspruchslosen geradeaus Fahren, welches diesem Highway den Beinamen „Death Highway“ eingebracht haben. Denn jährlich sterben alleine auf diesem Streckenabschnitt rund 90 Personen bei einem Autounfall. Tragisch, aber ihn Anbetracht der Umstände nicht weiter verwunderlich. Wir waren jedenfalls froh, als wir nach knapp 230 Kilometer auf diesem von Brummis dominierten Highway endlich in Carlsbad ankamen, wo sich beim Einbiegen auf den Walmart Parkplatz herausstellte, dass das Steuerrad noch einwandfrei funktioniert.


Auf der Anfahrt stellte sich dann leider heraus, dass unser eigentliches Ziel, der Besuch des „Carlsbad Cavern National Parks“, aufgrund von "ihr wisst schon was“ in’s Wasser fällt. Strikte Massnahmen haben dazu geführt, dass man nur nach Voranmeldung und in ganz kleinen Gruppen diese Tropfsteinhöhlen besuchen kann. Es ist wohl keine weitere Erwähnung wert, dass die raren Plätze bis auf Tage hinaus ausgebucht waren. So wurde also der Walmart Parkplatz in Carlsbad zu unserem Alternativprogramm und wie soll ich sagen … es war wenigstens umsonst!

Ostern steht vor der Türe und irgendwie war uns daran gelegen, diesen Feiertag in einer etwas würdigeren Umgebung als auf einem Walmart Parkplatz zu verbringen. Klar würde uns der Osterhase auch da finden, aber es fehlte am richtigen Ambiente. Unsere Reiseleiterin Amy hatte dazu weiter westlich in der Ortschaft Carrizozo eine Art Campground gefunden, welcher sich der Beschreibung nach mitten in einem erstarrten Lavakegel befinden soll. „Valley of Fires“ lautete der verheissungsvolle Name dieser sogenannten „Recreation Area“, was auf gut Deutsch „Erholungsgebiet“ bedeutet. Das klang doch schon eher nach unserem Geschmack für die Ostern 2021 Festivitäten. Zumal der Osterhase dort auch nicht so sehr aufpassen muss, dass er von einem LKW überrollt wird.

Einmal mehr wurde uns auf dieser Fahrt bewusst, dass wir leider nicht mehr über das beeindruckende Tankvolumen der guten alten „Bismarck“ (unser ehemaliges Wohnmobil) verfügen. Das todesmutige Überspringen einer kleinen und schwer befahrbaren Tankstelle oben auf einem Plateau führte dann kurzzeitig zu etwas Unbehagen. Zumal es auf dieser Route mehr als einmal ziemlich bergauf ging. So waren wir dann wenigstens nicht weiter überrascht, als ein Schild mit der Bezeichnung „Elevation 7000 FT“ an uns vorbeizog. Mit viel gutem Zureden und ein paar wohlplatzierten Streicheleinheiten auf das Armaturenbrett gelang es uns letztendlich gerade noch rechtzeitig, in der Ortschaft „Capitan“ an den lebensspendenden Fossilsaft zu gelangen. Weshalb dieser verschlafene Flecken hoch oben im Nirgendwo den Namen eines Schiffskommandanten trägt, blieb uns leider unerschlossen. Ebenso wenig, wie der Sinn hinter der Tatsache, dass die Menschen selbst hier oben, in der kristallklaren Bergluft dieses abgeschiedenen Fleckens, auf offener Strasse eine Maske anziehen. Mutterseelen alleine, maskiert und trübselig dreinblickend schlenderten sie vereinzelt entlang der spärlich befahrenen Strasse. Wie schon oft gesagt, lässt es sich über Sinn und Unsinn in dieser Angelegenheit gut und gerne streiten. Aber hier oben und unter diesen Umständen kann wohl kein Virus dieser Welt ernsthaften Schaden anrichten. Ganz im Gegensatz zu einer politisch in’s Leben gerufenen Grundsatzideologie, die spätestens an einem solchen Ort und unter diesen Umsänden jegliche Rationalität verloren hat. Das hat rein gar nichts mehr mit Pflichtbewusstsein oder Verantwortung zu tun. Das ist pure, irrationale Angst! Angefacht und ständig neu befeuert durch Politik und Medien, die spätestens bei einem solchen Anblick die Noten ihres Panikorchesters überdenken müssten. Dass dies nicht geschieht, ist klar. Solange sich selbst Tante Emma und Uncle John auf knapp 2100 Metern Höhe in ihrem weit abgelegenen Nest und alleine auf offener Strasse vermummen, scheint die Welt für gewissen Menschen in Ordnung. Da darf man durchaus gespannt sein, wo das alles noch hinführt!

Der Anblick des „Valley of Fires“ hob unsere Stimmung jedoch kurz darauf wieder an. Der Campground selbst lag auf einem leicht erhöhten Plateau, welches komplett von zu schwarzem Stein erstarrter Lava umschlossen ist. Was für ein surrealer Anblick. Angeblich wurde hier vor rund 5000 Jahren ein gewaltiger Lavastrom aus dem Boden gedrückt und hinterliess einen 70 x 6 Kilometer langen Teppich aus vulkanischem Gestein. Wie fruchtbar dieser Boden ist, zeigte sich beim Blick in die unendlich weite Runde. Während die braunen Flächen eher spärlich bewachsen sind, tummelt sich auf dem schwarzen Lavagestein eine beeindruckende vielfältige Flora. Man ist fast versucht poetisch zu werden bei dem Gedanken daran, dass etwas derart zerstörerisches am Ende den besten Nährboden für neues Leben schafft. Keine Sorge, weitere Poesie-Ergüsse erspar ich euch. Aber wenn man da so am Rand dieses Plateaus steht und in die grosse Weite linst, kommen ganz schön tiefgründige Emotionen hoch.


Zum Glück waren unsere Bedenken, dass der Campground komplett ausgebucht ist, unbegründet. Eigentlich ein kleines Wunder. Denn solche naturbelassenen Orte stehen bei den Amerikanern besonders über Feiertage besonders hoch im Kurs. Von den rund 25 Stellplätzen, die meisten davon mit Strom- und Wasseranschluss, waren zwar die meisten belegt, doch ein besonders schöner Platz, mit einer sagenhaften 360°Rundumsicht, schien wie auf uns gewartet zu haben. Sehr schön! So sassen wir also knapp 30 Minuten später unter einem gedeckten Unterstand direkt am Übergang zum Lavafeld und nippten vibrierend vor Seelenfrieden an unserem Apéro. Man konnte förmlich hören, wie in diesem Moment auch noch die letzten üblen Gedanken und Sorgen vom Bimsstein unter uns schlürfend aufgesogen wurden. Weltfrieden!
So etwas wie einen Check-In hat dieser Campground nicht. Ein junges Paar, welches hier seit letztem Herbst ausharrt und sich „Camp Host“ nennt, schaut ab und zu nach dem Rechten. Die schmächtige 18 USD Stellplatzgebühr, die man hier pro Nacht im „Vulcano-Paradise" mit allen Anschlüssen bezahlt, steckt man einfach in einen Umschlag, den man anschliessend in einem kleinen Briefkasten versenkt. Unkompliziert und einfach wie die ganze Location drumherum. Feuerholz gibt’s obendrein umsonst, wenn man die Camp-Hosts freundlich fragt. Einzig das wegen „ihr wisst schon was“ geschlossen WC- und Duschhaus trübte etwas die Freude. Denn der Besuch des eher rustikalen „Plumps-Bio-Trockenklos“ als Alternative liess den damit verbundenen Begriff „Erleichterung“ definitiv nicht zu. Keine Ahnung ob es an mir liegt. Aber diese Toiletten, so ökologisch sie auch sein mögen, sind optisch wie akustisch einfach nur eklig. Vielleicht ist es ja für einen Mathematiker interessant, die Höhe zwischen Klositz und Jauchegrube aufgrund der Falldauer zu berechnen. Aber aus meiner Sicht haben diese Klo’s absolut nichts reizvolles. Doch zum Glück haben wir ja als echte Alternative noch eine ausgewachsene In-House Toilette, wenngleich wir sie aus Verschleiss- bzw. Reinigungsgründen nach Möglichkeit für’s grosse „Geschäft“ meiden. Hier jedoch bestimmt nicht.

Die folgenden zwei Tage vergingen wie im Nu. Mehr als einen kurzen Trail mitten durch’s Lavafeld und den kurzen Aufstieg auf einen erhöhten Felsen gab’s hier leider nicht zu unternehmen. Dafür hat die Landschaft um uns herum ihrerseits bereits genug "geboten" bekommen. Erst das Lava-Inferno und ein paar tausend Jahre später wurde hier in der Gegend gemäss einer Infotafel dann auch noch die erste Atombombe gezündet. Eine wortwörtlich bewegte Geschichte die diese Gegend ertragen musste, die zu einer Wüste gehört, welche nach einem kleinen Schosshund benannt wurde: Chihuahua-Wüste. Oder war’s eher anders rum?



Wir waren kurzzeitig echt in Sorge, ob der Osterhase uns bei Sturm überhaupt besuchen kommt. Und davon gab es während unseres Besuches hier einige. Wie aus dem Nichts sausten immer wieder böige Winde über das Plateau hinweg. Aus Norden kalt, aus dem Süden warm. Besonders Nachts ruckelte der Wind massiv an unserem rollenden Heim und raubte uns die eine oder andere Stunde Schlaf. Doch der unerschrockene Osterhase liess sich davon natürlich nicht aufhalten und so lagen am Sonntag Morgen überall um unseren 5th Wheel herum bunte Eier und Schoko-Hasen in den Gebüschen verteilt. Tapferes Kerlchen! Danke, dass du ein weiteres Jahr deine Magie an unsere Kinder weitergegeben hast. Man weiss ja, wie schnell sowas verschwindet!


So schön dieser Flecken auch ist, die Höhe (1600 Meter) und der ständig an uns und unserem Heim zerrende Wind hatte über die Tage eine ziemlich zermürbende Wirkung. So zogen wir kurz nachdem das letzte Präsent vom Osterhasen gefunden wurde weiter des Weges. Amy hatte zwischenzeitlich nämlich einen weiteren kostengünstigen Camping-Knüller gefunden: Den 250 Meilen nord-/westlich gelegenen „Red Rock Park“ in der Ortschaft Gallup.

Ich brauch wohl nicht speziell zu erwähnen, dass es eine etwas längere Fahrt war und die Kids somit genug Zeit hatten, ihre Osternester praktisch bis auf den nackten Korb zu plündern. Wie es sich für einen ordentlichen Zuckerschock gehört, kamen wir ein paar Stunden später mit zwei sehr überdrehten Kids an unserem Ziel an. „Red Rock“ ist nicht nur ein willkürlich gewählter Name dieses Campgrounds, es ist Programm! Denn die Stellplätze befindet sich in Mitten dieser roten massiven Felsungetüme. Vom Fels bis hin zum sandigen Boden, alles war in dieses intensive Rot getaucht. Amy übertrifft sich in unserer Low-Budget-Reiseplanung gerade selbst. Denn dieser Platz ist nicht nur wieder unglaublich schön, sondern erneut herrlich unkompliziert. Eine Platzzuweisung gib es nicht und die Übernachtungsgebühren hat man nach seiner Abreise in einem kleinen Laden am Ortsausgang zu begleichen. Staubig aber gut organisiert, Wasser Strom inklusive, Duschen und Toiletten ganz OK und das Ganze zum Preis von rund 20 USD die Nacht. Sowas mögen wir, wenn gleich es in diesem Fall kein sehr rühmliches Ende nahm. Aber dazu später mehr.


Wer die Wahl hat, hat die Qual. Aber da wir es gerne gesellig haben, quetschten wir uns trotz genügend Alternativen einfach frech zwischen zwei bereits geparkte Camper. Man schien es uns nicht übel zu nehmen, dass wir hier ihren Extra Vorplatz geklaut haben. Ganz im Gegenteil. Die Leute waren durch’s Band extrem herzlich und eh wir uns versahen, waren wir mit dem halben Platz bekannt gemacht worden. Die Art wie die Leute miteinander umgingen, hatte mehr als die an sich schon offene Freundlichkeit der Amerikaner. Des Rätsels Lösung folgte prompt und begann mit der an uns gerichteten Frage: „Was arbeitet ihr? Nicht dass diese Frage ungewöhnlich wäre, aber sie kam relativ früh und es fehlte an einem greifbaren Zusammenhang. Nun muss ich kurz ausholen:

In den USA gibt es Menschen, die ihren Reisedurst mit der Arbeit verbinden. Man nennt sie „Work-Campers“. Sehr beliebt ist diese Art vor allem bei Krankenschwestern, die sich dann elegant „Travel Nurse“ nennen. Eine wirklich geniale Sache. Wenn irgendwo in den USA ein medizinischer Personalengpass besteht, wird das auf diversen Plattformen ausgeschrieben. Die „Travel Nurse“ schauen dann, was gerade auf ihrer Reiseroute liegt (und natürlich wo man am besten verdient) und können sich dann meist für 3 Monate verpflichten. So bestreiten ganze Familien in ihren stattlichen Campern in den USA ihren Lebensunterhalt. Und soweit wir wissen, verdient man dabei richtig gutes Geld. Auch unsere Freundin Joanne, die wir zusammen mit ihrem Mann Gary in South Carolina besucht haben, ist eine solche „Travel Nurse“. Wie sich herausstellte, waren praktisch alle unsere Nachbarn hier auf dem Red Rock Campground "Travel Nurses“ mit Anhang. Und wie man uns weiter erklärte, wäre dieser Campingplatz für normale Touristen eigentlich geschlossen.
Hoppla! Da haben wir uns scheinbar nichtsahnend und stinkfrech einfach mitten in eine Work-Camper Kommune reingequetscht. Vor unserem geistigen Auge sahen wir uns schon wieder zusammenpacken, als sich die Menschenschar scheinbar wortlos darauf geeinigt hatte, uns zum Bleiben zu überreden. Dem nicht genug, lud uns diese charmante Kommune auch gleich noch zum gemeinsamen Oster-Dinner ein. „Break the Bread“ wie es einer sehr schön ausdrückte!

Um den Bogen nicht komplett zu überspannen, liessen wir das „Break the Bread“ sein und gesellten uns einfach danach in die gemütliche Runde, welche sich vor einem uralten Wohnmobil versammelt hatte. Dieses Fossil von einem Camper gehört einem älteren und sehr netten Pärchen, welches hier seit rund 5 Jahren permanent wohnt. Offiziell sind sie einfach Dauergäste, aber all die Jahre hier haben sie zu so etwas wie den Campground-Oberhäuptern werden lassen. Und die Zeit haben sie voll genutzt, um den Bereich vor ihrem Wohnmobil in einen Eventplatz zu verwandeln, wo man sich am Abend zum geselligen Beisammensein trifft. Karaokeanlage, Fernseher, Soundsystem, Kühltruhe, Feuerstelle, Grill … alles was es für einen gemütlichen Abend braucht, war dort fix aufgebaut. Mit unseren Stühlen quetschten wir uns also etwas später am Abend mitten in diese Runde hinein und wurden umgehend in den eingeschworenen Kreis dieser Kommune aufgenommen, so als wären wir schon immer Teil davon gewesen. Ein schöner Abend mit vielen netten Menschen und guten Gesprächen bahnte sich den Weg in die Nacht, die von Karaokegesang und sehr viel Gelächter geschwängert war. Mir wurde dann mit Nachdruck noch die Ehre zuteil, ein paar Schweizer Gassenfeger auf der Gitarre preiszugeben, was auf erstaunlich grosses Interesse stiess. Lieber Gölä, falls du das liest, wir haben dich würdig vertreten! Abgerundet wurde die Talent-Show dann aber standesgemäss mit ein paar US-Evergreens. „Take me home country roads“ … was für ein legendärer Abend!

Wie gesagt, haben wir bei unserer Ankunft leider das Schild „für Touristen geschlossen“ übersehen. Dafür haben wir umso deutlicher die ganzen Wanderwegweiser rund um den Campingplatz wahrgenommen. Auf einen dieser Trails haben wir uns scheinbar am Vorabend mit Ryan, der hier ebenfalls mit seiner Familie temporär abgestiegen ist, verabredet. Nach einem Ausflug in die Stadt, wo wir noch kurz unsere zur Neige gehenden Gasvorräte aufgefüllt haben, ging es also am Nachmittag los. Ryan’s Frau konnte leider nicht mitkommen, da sie in ihrer Funktion als „Travel Nurse“ für das Einkommen der Familie sorgen musste. Im übrigen das meist verbreitete Familienmodell auf diesem Campingplatz. Hartgesottene Kerle mit wilden Zwirbelbärten und Harley-Shirts sind hier die Hausmänner, waschen, kochen und putzen, während die Frauen arbeiten gehen. Ich sagte ja schon, „Travel Nurse“ verdienen wirklich nicht schlecht!
So machte sich also letztendlich eine illustre Gruppe von Campingplatzbewohnern, bestehend aus uns, Ryan mit seinen 4 Kindern inklusive Hund, Matthew dem Nachbarsjungen und „Burbon“ dem Streuner auf den Weg. Kurz zur Erklärung: „Burbon“ ist ein Hund, der auf dem Campingplatz lebt und scheinbar niemandem gehört. Man kümmert sich um ihn, aber so richtig adoptieren wollte ihn bislang niemand. Das liegt vielleicht an „Burbons“ etwas unvorteilhafter Ausstrahlung. Wäre es mein Hund, würde ich ihn vermutlich „Bone Crusher“ oder „T-Rex 2.0“ taufen, was sicherlich besser passen würde als „Burbon“. Vermutlich ist das auch „Burbon“ nur allzu gut bewusst, weshalb man ihn nur schwer für ein gutes Foto vor die Linse bekam. Aber im Gegensatz zu seiner eher rohen Ausstrahlung, ist er ein ganz liebes Kerlchen. Und wenn jemand auf vom Campingplatz auf eine Wanderung geht, dann wird er seit je her von „Burbon“ begleitet. 10 „Mann“ und zwei Hunde zogen also los und wurden gleich hinter dem Campingplatz von einem schön steilen Aufstieg begrüsst.
Schilder am Wegesrand liessen uns regelmässig wissen, dass wir uns gerade auf rund 2000 Metern bewegen, Tendenz zunehmend. Der „Pyramide Trail“, den wir uns ausgesucht hatten, bekam sein Name vom einem Berggipfel, der wirklich exakt so aussieht das Grabmal eines verstorbenen Pharaos. Da müsste man meiner Meinung nach mal buddeln. Würde mich nicht wundern, wenn dabei die verblichenen Überreste irgendeines grössenwahnsinnigen Despoten zum Vorschein kämen. Doch das letzte Stück hoch zum Gipfel haben wir dann sein lassen. Stattdessen entschlossen wir uns, den Rückweg über den angrenzenden „Church Rock Trail“ in Angriff zu nehmen. Und das sollte sich als wahrlich glanzvolle Entscheidung herausstellen. Denn während wir bereits auf dem Weg hierher dachten, dass dies landschaftlich nur schwer zu stoppen sei, sollten wir auf dem „Chruch Rock Trail“ aber ganz schnell eines besseren belehrt werden. Jeder Geologe würde beim Anblick dieser Felsformationen vermutlich in Tränen ausbrechen. Ganz so emotionsgeladen ging es in unserer Laien-Fraktion dann nicht zu, aber tief beeindruckt waren wir auf jeden Fall auch. Keine Ahnung wieviele Schichten so ein Fels haben kann. Viel mehr als hier passen aber sicher nicht mehr in einen einzelnen Berg. Alle Farben und Formen, mächtig und von Wind und Wetter zu bizarren Formen geschliffen. Nachdem wir an zwei tiefen Canyons entlang gewandert sind, ging es nach rund 3 Stunden auf die Zielgerade. Auf einem rund 300 Meter hohen Grat ging es in Richtung Campingplatz zurück. Die Aussicht war sagenhaft und es erfüllte uns fast schon mit Wehmut, als wir kurz darauf schlitternd und rutschend über eine Sanddüne den Abstieg, und damit das Ende einer der besten Wanderungen bisher in Angriff nahmen. Danke Ryan für den Tipp und deine (fast immer) zielgerichtete Führung ;-).

 





Den Abend liessen wir bei ein ein paar Bier und leckeren Tacos aus Ryan’s Pfanne ausklingen. Einmal mehr haben wir festgestellt, dass wenn man sich den Menschen hier öffnet und keine Berührungsängste hat, man mit einer unglaublichen Herzlichkeit und Gastfreundschaft belohnt wird. An dieser Stelle nochmal ein grosses Dankeschön an die gesamte „Red Rock Park“ Clique, von der wirr uns am nächsten Morgen schweren Herzens verabschiedet haben.

Wie bereits geschrieben, haben wir in diesem Zusammenhang noch kurz Busse zu tun. Vor lauter Abschiedsschmerz haben wir tatsächlich vergessen, die Gebühren für die beiden Nächte in dem kleinen Laden am Ortsausgang zu bezahlen. Mal schauen, ob wir das sonst noch irgendwie hinkriegen. Ansonsten möchten wir uns an dieser Stelle in aller Form entschuldigen. Aber wir empfehlen den „Red Rock Park“ in Gallup auf jeden Fall weiter!

Wie geht es weiter? Wir haben uns aus verschiedenen Gründen entschieden, erstmal eine Weile in der Gegend zu bleiben. Die Temperaturen sind hier, zumindest tagsüber, wirklich angenehm, was sich gebietsweise weiter nördlich schnell ändern kann. Ausserdem befinden wir uns unmittelbar neben all den wunderschönen National- und State Parks, für die die USA so berühmt ist. Einige davon haben wir 2019 bereits besucht, wovon die meisten jedoch einen weiteren Besuch absolut wert wären. Mit unserem „Annual Pass“, der einem ein Jahr lang Gratiszutritt zu den meisten National- und Stadtparks gewährt, ist es ja auch kein finanzieller Aspekt mehr. Andere wiederum, wie z.B. der „Petrified Forrest“-, „Zion"-, „Sequoia“- oder "Yosemite National Park“, wären noch absolutes Neuland für uns und daher auf jeden Fall einen Besuch wert. So werden wir also als nächstes mal den „Petrified Forrest National Park“ ansteuern. Dieser für seine vor über 200 Millionen Jahren versteinerten Bäume bekannte Park soll nicht nur landschaftlich und wegen der zu Quarz mutierten Bäume eine Wucht sein, an dessen Ausgang soll sich auch noch gleich ein Gratis Campingplatz befinden. Gründe genug, um uns unverzüglich auf den Weg zu machen. Welche Parks wir noch besuchen werden, ob und in welcher Reihenfolge, werden wir dann vorweg entscheiden. Ein Auge schielt ja stets auch auf die Kanadische Grenze, wo es leider stand Heute noch keine erfreulichen Neuigkeiten gibt.

Dafür gibt es von der Travel-Videofront gutes zu vermelden. Diejenigen, die unseren YouTube-Kanal abonniert haben, haben es vielleicht schon mitbekommen. In Kooperation mit einem sehr kulanten Walmart- und Subway Team, die uns über Stunden mit Strom und einer unglaublich leistungsstarken Internetverbindung versorgt haben, sind wir nun auch Audio-/Bildtechnisch wieder à jour. Es lohnt sich also mehr denn je, auch da wieder mal reinzuschauen!
Hier findet ihr die Auflistung der neusten Videos. Ein Klick auf den Link und schon geht's los!

Und ganz NEUEaster @ Valley of Fires: Wir uns der Osterhase sogar mitten in einem Lavafeld gefunden hat!

Lehnt euch zurück, macht euch eine Tüte Chips auf und geniesst in bester HD-Qualität unsere Resieerlebnisse, die wir seit der Abholung unserer Fahrzeuge am Hafen von Charleston gemacht haben.

Und in diesem Sinne wünschen wir euch ein schönes Frühlingserwachen in der Heimat liebe Freunde. Bleibt alle brav, gesund und munter.

Bis zum nächsten Mal.


Eure „Home on Wheels“
Martin, Amy, Lynn & Jamie