BACK TO CANADA BLOG #8
STEP 3 - USA - Erneute Zwangspause

08.-13.03.2021

Freunde, leider scheint uns das „Back on the Road" Glück nach dem erfolgreichen Austausch der Boilereinheit für den Moment wieder verlassen zu haben. Dabei sah es für einen kurzen Moment gar nicht mal so übel aus. Nach mehreren erfolglosen versuchen einen Mechaniker für die Reparatur der defekten Niveau-Stütze zu organisieren, hatten wir letztendlich unerwarteten Erfolg in Form eines Handyman’s mit Namen „Felix“. Und damit begann für uns, ich wage an dieser Stelle das altbekannte Sprichwort einfach mal umzudrehen, das „Unglück im Glück“. Dabei bedeutet Felix ja eigentlich „der Glückliche“. Hoffen wir mal, dass es sich wenigstens auf seinen Gemütszustand bezieht. Auf sein Händchen jedenfalls bestimmt nicht!

Wir waren Felix ja wirklich sehr dankbar, dass er uns noch irgendwo zwischen die Seiten seines vollgequetschten Terminkalenders gepackt hatte. Dafür gibt’s sicher mal ein Sternchen! Doch irgendwie scheint ihm der ganze Druck nicht so zu bekommen. So war ich dann auch eher skeptisch, als er nach einem sehr kurzen Augenschein bereits eine unumstössliche Diagnose stellte: „Der Motor der Stütze muss ersetzt werden.“ Meine Bedenken, die aus einer Reihe von Eigenrecherchen her rührten, dass es eventuell ja auch die Steuereinheit oder die Verbindungskabel sein könnten, schlug er mit fachmännischem Blick in den Wind. Ich für meinen Teil war mir da nicht ganz so sicher, was letztendlich auch der Grund war, weshalb ich selbst die Finger davon liess. Zu viele mögliche Fehlerquellen und keine Geräte, um sie alle der Reihe nach ausschliessen zu können. Also erteilten wir Felix den kompletten Auftrag, von der Beschaffung der Ersatzteile bis hin zur Montage. Und wie sich herausstellte, war das der absolut richtige Entscheid!

Denn als Felix zwei Tage später mit dem neuen Motor auftauchte und sich an’s Werk machte, schien es irgendwie nicht so recht klappen zu wollen. Irgendwann hörten wir ihn dann lautstark telefonieren, was nie ein gutes Zeichen ist. Tatsächlich war es am Ende nicht der Motor, sondern, gemäss neuster Diagnose, die Steuereinheit. Lieferzeit für diesen Klumpen Plastik, mit einer Platine darin und ein paar Anschlusssteckern: 5-10 Tage!!! Die Sache war Felix dann auch sichtlich unangenehm und da er unseren „wir wollen weiter“ Druck spürte, schlug er vor, uns das Ding nach dem Erhalt zuzuschicken. Es sei ja keine grosse Sache, das Gerät zu ersetzen. Da hege ich keine Zweifel lieber Felix, aber die Geschichte bringst du mal schön selbst zu Ende. Letztendlich zahle ich genau für die Steuereinheit (wenn sie’s denn ist) und die Arbeit, um sie einzubauen und neu einzustellen. Dürfte im Endeffekt sogar noch günstiger kommen. Und wenn sich am Ende dann doch herausstellt, dass es die Verbindungskabel sind, kannst du gleich nochmal zum Hörer greifen. Der Nachteil für uns liegt nun allerdings darin, dass wir uns dadurch noch nicht allzu weit wegbewegen können. Denn Felix’s Operationsradius beschränkt sich auf Central-Florida. So sind wir also momentan zum Verbleibt auf diesem doch eher teuren Platz verdonnert. Wir werden sicher noch versuchen, hier in der Gegend etwas günstigeres zu bekommen, das nicht nach dem Drehort eines Horrorfilms aussieht. Aber ihr wisst ja … es ist Hochsaison in Florida.


Bei allem Sparwillen, wir dürfen nicht vergessen, dass wir noch Kinder haben. Das wirkt sich nicht nur regelmässig auf die Wahl der Unterkünfte aus, sondern setzte auch ganz andere Massstäbe in Bezug auf das Unterhaltungsprogramm, als ihn zum Beispiel kinderlose Reisegenossen oder Alleinreisende haben. So mussten wir langsam etwas gegen den aufkommenden Campingplatz-Koller, wie er bei jedem längeren Aufenthalt irgendwann mal aufkommt, unternehmen. Und dabei griffen wir auf ein probates Hausmittel zurück, welches uns bereits Ende 2019 bei der nervenaufreibenden Organisation der Verschiffung unseres Gespanns nach Europa den Hintern gerettet hat: „Bush Gardens“. Dieser unweit gelegene Vergnügungspark, halb Zoo halb Achterbahn-Mekka, ist wirklich eine Wucht! Da kann Disney gleich einpacken. Wir waren 2019 bereits entzückt, als wir zum Preis einer Tageskarte einen Zweiwochen-Pass bekommen haben. Doch dieses Jahr schiessen sie den Vogel ab: Zum gleich Preis wie die Tageskarte gibt’s gleich das Jahres-Abo obendrauf! Vermutlich hat auch hier Covid seine Finger im Spiel und für einmal im positiven Sinn!

So pilgerten wir also nicht nur am Dienstag zu diesem gigantischen Tier-/Funpark-Hybriden, sondern legten am Donnerstag gleich noch eine schöne Rund nach. Es muss sich ja wenigstens ein bisschen lohnen. Zum Glück hat sich mittlerweile auch der eher „harte“ Winter in Florida komplett verzogen und das Wetter zeigte sich an beiden Tagen mit 25°C und eitel Sonnenschein von der charmanten Seite! Der Deal mit den Kindern lautete: Dafür ist am Samstag Schule! Ein weiterer Vorteil wenn man es sich selbst einteilen kann.

Für Jamie war der erste Ausflug gleich mit einem zusätzlichen Nervenkitzel verbunden. Ende 2019 gewährte ihm seine Körpergrösse nur den Zutritt zu einer einzigen Achterbahn für Erwachsene, der „Cheetah Hunt“. Die ist zwar eines der Park-Highlights und wir sind sie gefühlt 1000 mal gefahren, aber trotzdem stehen da noch viele weitere attraktive Stahlgiganten herum. Es hat einem fast das Herz zerrissen, als er 2019 auf einem Mäuerchen sitzend ständig zusehen musste, wie der Rest der Familie Spass hatte. Aber seither sind ein paar Monate in’s Land gezogen und die Chance stehen wirklich gut, dass es dieses Mal reicht. Recherchen zufolge sollte man 1,37 gross sein, damit einem überall der Zutritt gewährt wird. Mit kerzengeradem Rücken stand er also kurz darauf an einer Wand, während ich den Meter ausklappte. Mist … 135cm!!! But wait … er ist ja Barfuss! Die Suche nach einem geeigneten Schuhwerk begann und endete vor dem dicksten paar Winterstiefeln die man je gesehen hat. Zur Erinnerung …. wir haben 25°. Aber wer hoch hinaus und Spass haben will, muss halt manchmal Kompromisse eingehen. Für Jamie war das auch kein Thema, zumal er ja den Nutzen daraus deutlich vor Augen hatte. Da nimmt man ein paar komplett überhitzte Schweissfüsse gerne in Kauf!

Bereits an er ersten Bahn sollte diese Schuh-Hypothese auf einen harten Prüfstand gestellt werden. Das Ziel bereits vor Augen, sah ich aus dem Augenwinkel eine Parkangestellten, die Jamie kritisch von Kopf bis Fuss beäugte. Innerlich betend, dass sie gerade etwas im Auge hat und so ihr eigenes Sehvermögen anzweifelt, schoben wir uns weiter Richtung Ziellinie. „Ähm ’tschuldigung … kann ich ihn mal kurz ausmessen?“. Schei *** benkleister! Zeit für das Notfall-Protokoll, welches wir für solche Fälle bereits gut einstudiert hatten: Bolzengerade Haltung, Kinn leicht zur Brust gesenkt und die Fersen einen Ticken anheben. Klingt einfach, ist aber in der Realität ein echter Kunstakt. Denn die Angestellten sind ja auch nicht von gestern. Während wir Zuhause die Messung eher grosszügig und motivierend vollzogen, zeigte sich die Messapparatur hier gnadenlos und kam prompt im dunkelroten Bereich zum Stehen. „Sorry, er ist noch zu klein“. Jamie's Mine entglitt und wechselte von gespielt höflich zu unendlich enttäuscht. Nein … so schnell geben wir uns nicht geschlagen. Mit der Überzeugungskraft, die nur Eltern im Kampf um das Wohl ihre Kinder an den Tag legen können, begannen wir auf die Dame verbal einzudreschen: „Hören Sie gute Frau. Der Kleine freut sich seit einem Jahr auf diesen Tag, hat immer schön den Teller aufgesessen und seine Streckübungen gemacht. Ausserdem haben wir am Haupteingang extra mit eurer Schablone nachgemessen und da war alles noch tiptop“ logen wir, dass die Balken um uns herum zu knarzen begannen. „Also bitte … drücken Sie doch ein, am besten gleich beide Auge zu!“ In ihrem Oberstübchen begann es zu rattern und als die Zahnräder zum Stillstand gekommen waren, schob sie den schwarzen Entscheidungs-Peter einfach ihrem Kollegen nebenan zu. Zum Glück war der dann auch ein äusserst einfühlsamer Mensch. Denn nach einem: „Ach ja, die Messlatte dort stimmt eh nicht, ich prüf das hier nochmal nach“ stellte er Jamie an seine eigene Profi-Messlatte. Die zeigte zwar im Ergebnis immer noch Dunkelrot an, aber er meinte nur „You’re good budy. Have fun!“ Den ganzen restlichen Tag über blieb Jamie dann zum Glück komplett unbehelligt und so konnten wir alle gemeinsam dem multiplen Fahrspass frönen. Auch am Donnerstag schien man sich noch an Jamie’s wundersame Vergrösserung zu erinnern. Denn auch da wagte es niemand mehr, seine Grösse anzuzweifeln. So gingen wir zwei super Tage in einem der besten Freizeitparks der USA müde aber restlos zufrieden zu Ende.


Ein weiteres Highlight zeichnete sich bereits in Mexico ab, als sich Stefan, eine Schweizer Bekanntschaft von einem Campingplatz in Italien, bei uns meldete und sagte, dass er und seine Familie ebenfalls demnächst nach Florida reisen. Im Gegensatz zu uns mussten sie aber keinen Umweg über Mexico nehmen, da ihre beiden Kinder der Leihmutter wegen bereits im Besitz des amerikanischen Passes sind. Stefan hat mit seinem Lebenspartner Joel zwei Kinder von einer amerikanischen Leihmutter, mit der sie immer noch regelmässig Kontakt pflegen und daher auch immer mal wieder zu Gast in den USA sind. Anfangs noch stark zweifelnd, ob ein Treffen zeitlich und örtlich überhaupt hin kommt, zeichnete sich im irgendwann ab, dass es doch klappen könnte. Und so machten wir dies Wochen einen schönen Ausflug nach „Anna Maria Island“, wo sie sich in einem schönen Appartement einquartiert haben. Wenn man bemüht ist, sich nach einer so langen Zeit wieder zu treffen und dies auch noch auf der anderen Seite des Atlantiks, dann besteht zumindest schon mal eine gute Grundchemie. Dass wir mit dieser Einschätzung nicht falsch lagen, zeigte sich im Verlauf des Tages, den wir an einem schönen Strand und später in ihrem Appartement bei einem gemütlichen Nachtessen ausklingen liessen. Im Anschluss daran haben wir uns auch noch gleich für den Folgetag im Bush Gardens verabredet.

Stefan und Joel haben zwischenzeitlich ihren USA Aufenthalt erneut noch um ein paar Tage verlängert und kommen uns mit einem Wohnmobil hier auf dem Lazydays Campingplatz besuchen. Dank Corona kann man bei einigen Fluggesellschaften aktuell kostenlos umbuchen und da Stefan momentan sowieso von Zuhause aus arbeitet und sie daheim weder von den Corona-Massnahmen, noch vom Wetter her eine Bereicherung erwartet, haben sie davon bereits mehrfach gebrauch gemacht. Ein echtes Geschenk, wenn man es sich im Leben so einrichten kann!



So gesehen waren unsere „Probleme“ bislang nicht nur eine persönliche und erfahrungsmässige Bereicherung, sondern auch eine soziale. Denn auch die Familie, die wir kürzlich in South Carolina getroffen haben, war eine Bekanntschaft aus unserem Zwangsstopp hier auf dem Lazydays Campground Ende 2019. Und nun hat uns der erneut unerwartet lange Aufenthalt hier zu einer weiteren schönen Begegnung mit tollen Menschen verholfen. Wenn das Ufer manchmal unerreichbar erscheint, sollte man sich zwischendurch auch einfach mal treiben lassen. Man ist erstaunt, was einem dabei alles Gutes über den Weg „schwimmt“!

Wie ihr seht, geht’s uns trotz den ganzen technischen Probleme blendend. Und auch die werden wir in Kürze sicherlich in den Griff bekommen. Und danach freuen wir uns dann umso mehr auf’s Weiterziehen. Unsere Pläne, eine günstigere Campingplatz-Alternative zu suchen, haben wir mittlerweile ernüchtert mehr oder weniger eingestellt. Entweder ist alles voll, extrem ungastlich oder finanziell keine echte Alternative! So haben wir uns innerlich schon mal darauf eingestellt, bis zum Eintreffen des Ersatzteils hier zu bleiben. Mal sehen was noch kommt, wir halten euch sicher auf dem Laufenden!


Viele sonnige Grüsse liebe Freude aus Florida. Fühlt euch gedrückt!

Eure „Home on Wheels“
Martin, Amy, Lynn & Jamie