BACK TO CANADA BLOG #7
STEP 3 - USA - Fahrzeugabholung mit Hindernissen

24.02.-07.03.2021

Die Geschichte mit der sehnlichst erwünschten Fahrzeugabholung entwickelte sich langsam aber sicher zu einer grotestken Episode von Germany’s next Topmodell. Nur dass dabei kein blondes spät-40er Topmodell aus Deutschland die schlechten Nachrichten verkündet sondern unser holländischer Spediteur Robert. Und in dem legendären Abschlusssatz kein „Foto“ vorkommt, sondern das Wort „Fahrzeug-Freistellungspapiere“. So lautete auch heute wieder Roberts Abschlusssatz: „Ich habe heute leider keine Freistellungspapiere für dich“.
Wie im letzten Newsletter berichtet, muss Robert aufgrund eines Corona-bedingten Finanz-Engpasses zuerst auf den Zahlungseingang einiger Grosskunden warten, bevor er die Reederei, die unser Gespann über den Teich geschippert hat, bezahlen kann. So sitzen wir also bereits seit 4 Tagen in unserem Airport-Hotel feste, ohne dass wir unserem Ziel, endlich wieder auf Achse sein zu können, auch nur einen Schritt näher gekommen sind. Amy machte sich also heute Morgen erneut auf den Weg zur Rezeption, um unser Zimmer für eine weitere Nacht zu buchen.

Dieses tägliche Verlängern hat mittlerweile dazu geführt, dass der Abfallberg im Hotelzimmer messihafte Züge angenommen hat. Denn in der steten Annahme, dass wir eh nicht mehr lange hier sind, haben wir die Putzfrau höflich aber konsequent jeden Tag auf’s Neue abgewimmelt. Wie man sehen kann, haben wir mittlerweile auch die Vorzüge von „Uber-Eat“ kennen und schätzen gelernt. Denn die überaus schlauen Füchse dieser in California beheimateten Firma sorgen nicht mehr nur für günstige Transportmöglichkeiten, sondern neuerdings auch für hungrige Menschen Funktioniert einwandfrei … by the way!


Die grösste Attraktion in der Region, der Museums-Flugzeugträger U.S.S. Yorkown, hatten wir ja bereis besucht und echte Alternativen hier sind nun Mangelware. Leider sieht auch der Hotel-Pool eher nach einer Kläranlage aus, als nach "Spass im Nass“. Dem hat man mit einem ordentlichen Schuss Chlor versucht beizukommen, was dazu geführt hat, dass es einem beim Schwimmen fast die Augäpfel wegätzt. So halten wir uns also mit der Gewissheit bei Laune, dass Robert die Reederei mittlerweile angeblich bezahlt hat und es somit nur noch eine Frage der Zeit ist, wann das Geld dort eintrifft. Tick-tock … Zeit lass rinnen!

Tag 5: Heureka! Nach einigen weiteren Telefonaten und Mails poppte heute Morgen endlich die Nachricht mit der enthaltenen Fahrzeugfreistellung auf! Selbst in aufgeklärten Zeiten wie diesen scheint es noch Zeichen und Wunder zu geben. Gegen das anschliessende Freudentänzchen hätte selbst Rumpelstilzchen steinalt ausgesehen! 5 Tage zwischen Bangen und Hoffen gelangten gerade mit diesem schmucklosen Stück Digital-Papier zu einem scheinbaren Ende. Doch wir hatten ja nach dem Zolldebakel am letzten Montag bereits dass Gefühl, dass wir es geschafft hätten, womit das Debakel erst so richtig los ging. Das sollte uns nicht nochmal passieren. Contenance! Trotzdem galt es, keine Zeit zu vertrödeln! Denn letztendlich ist es kein Stück Papier, welches unseren Fahrzeugen und damit uns den Weg in die Freiheit gewährt, sondern irgend ein Verwaltungsangestellter der Hafenbehörde. Und sollten dort erneut Probleme auftauchen, hätten wir gerne noch ein paar Stunden Reserve um die Angelegenheit zu klären. Europa hat ja bereits ein paar Stunden Vorsprung und heute ist Freitag. Wenn das heute nichts wird, dann sitzen wir hier mindestens nochmal das ganze Wochenende hier fest! So fanden also im Eiltempo unsere sieben Sachen kreuz und quer den Weg in die Reisetaschen, worauf wir uns auch schon auf den Weg Richtung Hafen machten. Ich könnte schwören, dass es Nikolaus persönlich war, der uns da kurz darauf als Uber-Fahrer verkleidet am Hafen absetzte und dem beim Öffnen der Heckklappe unser Kaffeemaschine entgegen kullerte, mit Karacho vor die Füsse knallte, worauf sich der Glaspott in ein 1000-teiliges Puzzle verwandelte. Falls es tatsächlich Nikolaus war, dann hat ihm sicher unsere unaufgeregte Reaktion gefallen und vielleicht packt er nächsten Dezember ja ein paar Extra-Schokoläuse in den Sack.

Während Amy und die Kids etwas abseits an einem Zaun auf unserem Gepäckberg Stellung bezogen, machte ich mich beschwingt auf den Weg zum Hafen-Pförtnerhauses, wo mich zwei sehr irritierte Damen begrüssten. Denn während ihr Tagesablauf normalerweise darin besteht, Zutrittsausweise durch die Seitenscheiben von Brummis zu prüfen, waren sie irgendwie nicht auf einen einsamen Schweizer zu Fuss eingestellt. Leider hatten beide ausserdem einen sehr starken Nuschel-Akzent drauf, was meinerseits sehr viel Hand und Fussarbeit abverlangte. Die eingehende Prüfung meines stattlichen Dokumentenstapels, der durch das glorreiche Freistellungsdokument auf dem Handy ergänzt wurde, schien jedoch bei keiner der Damen auf fruchtbaren Boden zu stossen. Mit keiner der unzähligen Nummern auf den verschiedenen Dokumenten konnten sie auch nur das geringste anfangen. Da half es auch nichts, dass ich mehrfach und mittlerweile schon fast verzweifelt mit dem Finger auf den Zahlencode in dem Freistellungsdokument tippte. Nööö … die Nummer müsse 6-stellig sein und mit einem „L“ enden. Weder war unsere Nummer 6-stellig noch war da irgendein Buchstabe auszumachen. Langsam wich unsere anfängliche Hoffnung der bereits bekannten Ohnmacht. Eine aus mangelndem Fachwissen heraus geborene Hilflosigkeit, die ich so gar nicht mag! Aber man hat ja auch nicht umsonst für ein stattliches Sümmchen einen „Experten“ angeheuert, der das für einen erledigen soll. Sicher nicht, damit man am Ende 5 Tage festsitzt und dann am Hafen auf eine weitere Wand aus Fragezeichen stösst. 


Was dann folgte, war ein reger und teilweise sehr verwirrender Telefon-, Mail- und SMS-Marathon zwischen unserem Verschiffungsagenten in Holland, der Reederei irgendwo in Belgien, der Hafenbehörde hier vor Ort und uns, die wir da wie Flüchtlinge auf einem Gepäckberg vor der ungastlichen Hafenzufahrt festsassen. Wahlweise wurden wir dabei direkt angeschrieben, mal nur im CC zum Mitlesen aufgefordert und mal ging es uns gar nichts an. Ein Lichtschimmer flackerte kurz in Form eines Hafenarbeiters auf, der wie aus dem Nichts auftauchte, sich alles anschaute und mit den Worten „I’ll work on it“ wieder von Dannen zog. Dass ich den Mann danach nie wieder sah, war fast schon zu erwarten. Irgendwann wurde wenigstens klar, um welche fehlende Nummer es sich hier handelt: „The Loading Number“. Und die, ein Hoch auf die Bürokratie, kann nur durch einen Broker ausgestellt werden. Und den, Irrsinn lass nach, haben wir nicht! So gesellte sich nun auch noch ein Broker in diese Komödie aus Agent, Reederei, Zoll- und Hafenbehörde. Unser Agent Robert schien ob dieser Neuigkeit ähnlich angesäuert wie wir, da angeblich die Reederei dafür verantwortlich gewesen wäre. Den Durchblick wie auch die Neven haben wir spätestens zu diesem Zeitpunkt komplett verloren. Denn bei allem bislang vorhandenen Verständnis konnte es uns wirklich schnurz-pieps egal sein, wer, was, wo vergammelt hat. Wir wollten jetzt einfach nur unsere Fahrzeuge da raus haben und zwar dalli! Mittlerweile sassen wir bereits seit 1 1/2 Stunden in diesem Asphalt-/Brummigetöse-Inferno unter gleissender Sonne, es reicht!

Um unser Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen, riefen wir die zwischenzeitlich in aller Eile organisierte Brokerin aus Phoenix an. Nun war also auch noch Phoenix im Spiel. Herzlich Willkommen! Die Dame am anderen Ende der Leitung teilte uns daraufhin mit, dass es normalerweise Stunden dauern würde, um eine „Loading Number“ zu bekommen. Sie würde aber schauen, was sich da machen lässt. Diesen Satz hatten wir so schon oft gehört und irgendwie liess er wenig Hoffnung aufkommen. Doch bereits eine halbe Stunde klingelte es erneut: „Ich habe Ihnen gerade die ‚Loading Number‘ per Mail zugestellt. Jetzt müssen Sie sich aber beeilen, denn gleich ist am Hafen Mittagspause.“ Ich hätte sie am liebsten geherzt und gedrückt, aber dafür waren wir zu weit entfernt und ich musste mich ausserdem ja beeilen. So setzte ich mich also schleunigst in Bewegung!

Es war ein herzzerreissender Empfang am Pförtnerhaus. Denn scheinbar hatten auch die beiden sonst eher empathielos wirkenden Damen dort innerlich die ganze Zeit mitgefiebert und freuten sich gemeinsam mit uns über das Ende dieser Odyssee. Kurz noch im Büro ein paar Stempel und die Autoschlüssel abgeholt und schon ging es im Pickup eines Hafenmitarbeiters kreuz und quer über das Gelände. Und dann war es endlich soweit! Im reflektierten Licht zweier auf Hochglanz polierter Airstream Wohnwagen tauchte plötzlich unser rollendes Zuhause auf. Was für ein emotionsgeladener Moment! Der Pickup war noch nicht zum Stehen gekommen, als ich bereits raussprang und die letzten Meter hüpfend und johlend unter dem amüsierten Blick des Hafenmitarbeiters zurücklegte. Wahrscheinlich vermutete er ein fremdländisches Ritual dahinter, denn während des gesamten Szenarios hielt er sich dezent im Hintergrund. Nach einem fahrlässig kurzen Augenschein und der anschliessenden „alles OK“ Unterschrift, erwachten der 5,7 Liter Motor nach knapp einem Monaten Benzinabstinenz brummend zum Leben. Herrlich!


Im Konvoi ging es anschliessend in Richtung Ausfahrt, wo ich bereits von der ungeduldig wartenden Familien freundestaumelnd erwartet wurde! Die Durchfahrt der Hafenpforte stellte einen weiteren wichtigen Meilenstein auf unserem Weg dar. Wir haben unser Zuhause wieder! Rückblickend betrachtet wären es irgendwie nicht das gleiche gewesen, wenn alles wie am Schnürchen geklappt hätte. Die besten Geschichten dieser Welt haben Ecken und Kanten. Auch wenn wir auf die eine oder andere davon wirklich gerne verzichtet hätten.

Für die kommenden Tage haben wir beschlossen, uns erstmal auf dem knapp 2 Stunden entfernten „Carolina Pines RV Resort“ Campingplatz in der Ortschaft „Conway“ niederzulassen, wo sich auch unsere Freunde, die Familie Sastamoinen, befindet. Einerseits um den doch ziemlich strapazierten Nerven eine kleine Auszeit zu gönnen und andererseits um unser Gespann wieder US-tauglich zu machen. Denn dieses befindet sich technisch ja immer noch auf Schweizer Standard. Besonders die ganze Stromsache braucht dringend eine Anpassung, bevor wir wieder all die Vorzüge der Jahrhundert-Erfindung von Thomas Edison (oder wer auch immer) geniessen können. Daneben stand noch der Austausch der eher mickrigen Hausbatterie, die Anpassung der Gasflaschenhalterungen und die fachgerechte Befestigung unserer beiden Kayaks auf dem Dach auf der Agenda. Denn die beiden Trümmer jedesmal rein- und wieder rauszuwuchten wollten wir uns wirklich ersparen. Also stand erstmal eine grössere Umrüstaktion an.


Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass die anschliessende Shopping-Tour durch den Heimwerker-Tempel „Lowe’s“ für mich die reiste Wonne war. Während ich mit der heimischen Regal-Logik mittlerweile doch sehr vertraut bin, bedurfte es hier erst wieder einer gewissen Eingewöhnungsphase. Aber was dem Raubtier der Beutetrieb ist, ist dem Handwerker der ureigene Instinkt, sich schnell in eine solche Umgebung einzuarbeiten. So verliess ich in einer passabel kurzen Zeit diesen Testosteron-Hort mit einigen Tüten voll der erlesensten Zubehörteile. Schon seltsam, wie schnell „Mann“ in gewissen Lebensbereichen zufrieden zu stellen ist.

Zum Glück gestaltete sich die Umrüstaktion auf US-Standard einiges einfacher als damals in die umgekehrte Richtung. Einerseits da Rausreissen in der Regel immer schneller geht als einbauen und andererseits geht man hier mit dem Medium „Strom“ deutlich entspannter um, was man auch preislich spürt. Und so hingen wir nach einem kurzen Kraftakt am nächsten Nachmittag bereits wieder am Strom. Das anschliessende Umlegen des Sicherungshebels in einigem Sicherheitsabstand zeigte, dass alles einwandfrei funktioniert.

Leider konnten wir das vom Wasser nicht behaupten. Nachdem wir die Zuleitung geöffnet hatten, war klar und deutlich das Plätschern von Wasser aus einer Richtung zu vernehmen, wo sich weder ein Auslauf noch sonst was in die Richtung befindet. Die genaue Ortung war dann auch nicht weiter schwierig. Unterhalb der Küche ergoss sich ein stattlicher Wasserfall der Schwerkraft gehorchend sprudelnd auf den Asphalt. Im selben Augenblick, in dem ich realisierte was sich dort befindet, wurde mir auch schlagartig bewusst, was schief gelaufen war. Ich Leuchte hatte tatsächlich vergessen den Boiler zu entleeren, als wir den 5th Wheel über den Winter in Meiringen geparkt hatten. Das kleine 1x1 des Camper-Überwinterns: Wasser + Frost + Aluminiumboiler = Wasserschaden! Ein Blick unter die Spüle bestätigte dann den grausligen Verdacht. Das war schon kein Riss mehr, der sich dort im Aluminiumtank auftat, das sah aus wie ein Stück geborstenes Metall nach einem Bombenangriff!

Doch zum Glück hatte mein Freund Gary gleich die Nummer vom Handyman seines Vertrauens zur Hand. „Handymans“ sind rollende Handwerker, die es für alle möglichen Sparten gibt. Und seiner hatte sich gottlob auf Camper-Reparaturen spezialisiert. Wie zu erwarten war, hatte dieser natürlich bereits einen proppenvollen Terminkalender. Ein weiteres kleines 1x1 im Camperbusiness besagt: Frühlingszeit = Reparaturzeit. Trotzdem versprach er, sich die Sache am Folgetag wenigstens mal kurz anzusehen. Zeit die wir nutzen, um uns noch den restlichen Dinge zu widmen. Arbeiten am Camper mag ich besonders gerne, denn für viele Sachen gibt es weder Teile noch eine Patenlösung ab Stange. Und das Ergebnis konnte sich dann auch wirklich sehen lassen. Die neue neue grosse Hausbatterie tat zuverlässig ihren Dienst, das Loch um den Anschlussstecker war versiegelt und verspachtelt und auf dem Dach thronten zwei festverzurrte Kayaks. Leider fiel dann das Boiler-Urteil am Folgetag nicht ganz so rosig aus. Angeblich hat der Hersteller ein neues Gerät auf den Markt gebracht und es komplett verpennt, den Nachfolger zeitgerecht in die Läden zu bringen. Wenigstens konnte er uns noch zeigen, wie man mit ein paar Hebeldrehungen den Boiler überbrückt, so dass wir wieder fliessend Wasser hatten. Zwar kalt, aber wenigsten floss es wieder an den richtigen Stellen. Bis zur definitiven Reparatur müssen wir jedoch noch warten.

So schön und umfangreich der Campingplatz „Carolina Pines“ auch ist, günstig ist er nicht gerade. Da wir nicht wissen, wie lange es bis zur Grenzöffnung Kanadas dauert, haben wir beschlossen, möglichst Low-Budget unterwegs zu sein. Also möglichst viel frei zu stehen oder im Notfall halt auch mal eine Nacht mehr vor einem Wallmart zu verbringen. So zog es uns nach ein paar schönen Tagen hier im Kreise unserer Freunde bereits wieder weiter. Der Abschied fiel nicht nur uns Erwachsenen schwer, denn auch die Kinderschar hatte sich in all den Tagen richtig dick angefreundet.

Unser nächstes Reiseziel, zu welchem wir den Lazydays Campingplatz im aktuell eher teuren Florida erkoren haben, hört sich hinsichtlich unserer Sparpläne vielleicht etwas unlogisch an, hat aber gleich mehrere gute Gründe. Zum einen natürlich der emotionale Aspekt. Den Ort zu besuchen, an dem wir Ende 2019, kurz vor unserer Rückkehr in die Schweiz unerwartet lange festgesessen haben und so für uns zu einem kleinen Stück Heimat wurde, lag uns wirklich am Herzen. Selbst unter dem Aspekt, dass wir in dieser Zeit viele Probleme hinsichtlich der Fahrzeug-Verschiffung zu bewältigen hatten, blieb uns der Lazydays Campingplatz in der Ortschaft Seffner in bester Erinnerung. Dann hatten wir ja noch immer unser Boiler Problem, zudem sich mittlerweile noch eine streikende Niveau-Stütze gesellte. Lazydays ist auch in dieser Hinsicht der perfekte Ort. Denn der Name steht nicht nur für den Campingplatz, sondern für einen der grössten Camperhändler der USA. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass man uns auf dem unmittelbar benachbarten Serviceareal weiterhelfen kann. Und last but not least benötigten wir ja immer noch den „Tag“ (Aufkleber für die Strassenverkehrssteuer) für unseren Pickup, den wir ja nicht online nach South Carolina bestellen konnten. Mehr als genug Gründe, die knapp 900km Fahrt von South Carolina, durch Georgia in den Sunshine State Florida in Angriff zu nehmen.

Am Donnerstag 04.02.2021 war es dann soweit. Geplant war, auf halber Strecke irgendwo auf einen Supermarkt Parkplatz einen Zwischenstopp einzulegen. Aber wenn Papa einmal in Fahrt ist, dann ist er nicht mehr zu bremsen. So erreichten wir unser Ziel auf einer Arschbacke bereits am selben Abend. Es war ein nostalgischer Moment, als wir in die Zufahrt zum Campingplatzgelände einbogen, wo wir leider kurz darauf von einer Schranke und dem dazugehörigen Nachtwächter ausgebremst wurden. „Ihr habt erst eine Reservierung für morgen? Dann tut es mir leid, aber hier könnt ihr über Nacht nicht stehen bleiben.“ Das war ja mal eine nette „Welcome back“ Geste! Zum Glück wussten wir von letzten Aufenthalt her noch, dass man auf dem nahgelegenen Parkplatz der Fastfoodkette „Cracker Barrel“ ganz offiziell übernachten darf. So schmiegten wir uns also kurz darauf an die dunkelbraune Fassade dieses Country-Style Fastfood-Giganten. Mal abgesehen davon, dass sich gleich daneben ein stark frequentierter Highway befindet, war es eine wirklich gute Nacht.


Zum Dank für das nette Obdach haben wir unser Frühstück am nächsten Morgen gleich bei unserem Gastgeber eingenommen. Nichts wahnsinnig kulinarisches, aber für ein übernächtigtes Familienfrühstück reichte es allemal. Frisch gestärkt und mit genügen Koffein im Blut wollten wir uns erstmal um die technischen Probleme kümmern. Die Einfahrt zum Lazydays Händlerareal lag ja gleich um die Ecke. Nach unserer Ankunft staunten wir erstmal Bauklötze über den regen Betrieb, der hier herrschte. Alle Parkplätze rappelvoll! Ende 2019 ging das hier noch einiges gemütlicher zu und her. Das Geheimnis lüftete sich kurz darauf am Service-Schalter. Wegen Corona haben rund die Hälfte der Mitarbeiter die Stelle verloren, die Firma wird aber aktuell mit doppelt so vielen Aufträgen überrannt. Da ist der Engpass vorprogrammiert! Einen Termin für die Reparaturen konnten sie uns deshalb auch erst Anfang JUNI (!!!) in Aussicht stellen. Zur Sicherheit habe ich nochmals nachgefragt, aber ich hatte schon richtig verstanden. Wenigstens gab man uns noch zwei Telefonnummern von lokalen „Handymans“ mit der wagen Hoffnung, dass man dort vielleicht noch einen Termin für uns hat. Die Verzweiflung muss enorm sein, wenn ein Händler einem die Nummern der rollenden Kongruenz aushändigt! Tja, da hilft alles nichts. Also erstmal auf dem Campingplatz einchecken und die Alternativen prüfen.


Das erste Telefonat beim „Handyman“ liess dann wenigstens etwas Hoffnung aufkeimen. Denn dort hätte man uns schon Ende März einen Termin offerieren können! Der zweite Anruf war dann sowas wie eine Offenbarung. „Mal sehen … schicken Sie mir zuerst mal alle Angaben per SMS, ich schau dann.“ Bis heute haben wir zwar noch kein „schau dann“, aber wir sind ja geduldige Menschen. So zog ich noch meinen letzten Joker: Die Service-Zubehör Abteilung von Lazydayz. Der Ort, an dem ich Ende 2019 sehr viel Zeit verbrachte und beinahe zur Ehren-Kundschaft ernannt wurde. In dieser Abteilung waren Dinge möglich, die man uns an anderer Stelle für undenkbar eröffnete. Leider waren die mir noch bekannten Mitarbeiter zwischenzeitlich alle entweder nicht mehr im Betrieb oder haben sich anderen Funktionen zugewendet. Doch scheinbar arbeiten hier durchs Band nur gewiefte Füchse, wie sich auch hier wieder einmal zeigte. Denn nach vielen Telefonaten und noch mehr Recherchen, fand man irgendwo in der hintersten Ecke ihres Lagers einen passenden Ersatz-Boiler für uns. Den Boiler hatte ich also schon mal, blieb aber immer noch das Thema mit einem entsprechenden Reparaturtermin. Doch da waren sie mit ihrer Zauberkunst leider auch am Ende angelangt. Alles ausgebucht! Also klemmte ich das gute Stück in Ermangelung an Alternativen unter den Arm und nahm mir vor, das Ding eigenhändig auszutauschen. Kabel sind Kabel und Schläuche sind Schläuche. So schwer kann das ja nicht sein.

Mit dem Mut der Verzweifelten lässt sich so einiges hinbiegen. Und so hatten wir am Ende des Tages tatsächlich wieder einen absolut dichten Wasserkreislauf, der getreu seiner Pflicht siedend heisses Wasser ausspuckte. Grossartig und vielen Dank nochmals an den Publikumsjoker in der Heimat! Wenn das nächste Woche mit der defekten Niveau-Stütze ein ähnlich gutes Ende nimmt, sind wir schon bald wieder voll Einsatzbereit!

Geplant ist, vorerst mal bis nächsten Dienstag hier zu bleiben um alles nötige zu erledigen. Danach ziehen wir vermutlich erstmal in Richtung Westen. Texas steht dabei nicht nur des Klimas wegen weit oben auf unserer Wunschliste, sondern auch weil es dort mehr Möglichkeiten für das freie in der schönen Pampa Campen gibt. Wir freuen uns schon darauf, neben einem gigantischen Kaktus abzusatteln und zum Gejaule der Kojoten einzuschlafen. Natürlich hat auch die kürzlich aufgehobene Maskenpflicht in Texas einen gewissen Einfluss auf unsere Reiseplanung. Doch das trifft nach aktuellen Recherchen bereits auf 15 weitere Staaten zu. Weshalb gerade dieser Schritt in Texas eine speziell häufige Erwähnung in den heimischen Medien findet, bleibt uns daher schleierhaft. Auch Florida steht auf der Liste der Staaten, in denen der Maskenzwang scheinbar aufgehoben wurde. Trotzdem tragen die meisten Menschen in den Geschäften nach wie vor das Räubertuch. Keine Ahnung ob es innerhalb der Staaten lokale Unterschiede gibt oder einzelne Geschäfte den übereilenden Gehorsam pflegen. Ist aber im Endeffekt auch nicht so wichtig. Denn von den ganzen Massnahmen wird man hier sowieso eher am Rande tangiert.

Und damit gelangen wir zum Ende diese leider wieder verspätet eingetroffenen Newsletters. Ich denke aber auch hier dürfen wir aufgrund der ganzen Umstände wieder auf euer Verständnis zählen. Parallel dazu haben wir ja wie versprochen auch noch zwei Reisevideos veröffentlicht. Der Ausflug zur U.S.S. Yorktown hat dabei einen eigenen Rahmen bekommen, den man sich nun in Ruhe und separat zu Gemüte führen kann.

Hier die Links dazu:


Bis die Tage liebe Freunde und ganz schöne Grüsse aus Florida, der seinem Beinamen „Sunshine State“ bislang wirklich alle Ehre macht!

Eure „Home on Wheels“
Martin, Amy, Lynn und Jamie