BACK TO CANADA BLOG #14
STEP 3 - USA - GESTRANDET IN SIMI VALLEY!
19.04.-05.05.2021
Was sollen wir sagen ... die letzten paar Tage hatten es wirklich in sich. Wie berichtet, haben wir vor ein paar Tagen, durch einen Mix aus Zufall und einer gehissten Schweizer Flagge, Kurt und Marliese im „Death Valley“ kennengelernt, worauf sie uns kurzerhand zu sich nach Hause in’s californische „Simi Valley“ eingeladen haben. Hier sind wir nun also und erleben eine Art der Gastfreundschaft, die unter solchen Umständen seines Gleichen sucht!
„Simi Valley“ liegt nur rund 35 Luftmeilen von Los Angeles entfernt und das erstaunliche dabei ist, dass man von der Nähe zu dieser Millionen Metropole so gut wie nichts mitbekommt. Selbst „Simi Valley“ ist mit etwas über 125’000 Einwohnern nicht gerade ein Dorfweiler und trotzdem befindet man sich in einem 360° Radius innerhalb von 10-20 Autominuten mitten in der Prärie. Zwischen „Simi Valley“ und dem Pazifik reiht sich eine Hügelkette an die nächste. Dazwischen, sowie an deren Ausläufern, befinden sich unzählige Canyons, in denen man sich weiter weg von jeder Zivilisation wähnt, als vermutlich so mancher Beduine in der Sahara. Schilder die einen eindringlich vor Schlagen warnen, sowie die unbestrittene Präsenz von Taranteln und Mountain Lions (Pumas), verstärken den Eindruck von Wildnis noch zusätzlich. Diese schroffe Koexistenz zwischen Urban und Pastoral ist wirklich einmalig.
Der Begriff "Pastoral" gehört übrigens zur Kategorie "unnützes Wissen“ und ist einer von mehreren Begriffen, die das Gegenteil von Urban bedeuten. Vielleicht kriegt man ja beim Chef mal ein paar Extrapunkte, wenn man diesen Begriff bei einem Geschäftsanlass und einem Glas Weisswein in der Hand subtil in die Diskussion mit einfliessen lässt. Sowas wie: „Ja, unsere Umsatz in den pastoralen Regionen ist eher rückläufig.“ Puuuh … wenn das mal kein Grund für eine ordentliche Beförderung ist?! Aber Vorsicht … die Verwandtschaft zum Begriff „Pastor“ kommt nicht von ungefähr. Auf einen schrägen Blick sollte man also vorbereitet sein. Good Luck!
Kurt und Marliese sind nicht nur warmherzige und grosszügige Gastgeber, sie lassen auch nichts anbrennen wenn es darum geht, uns die Schönheiten ihrer selbstgewählten Heimatregion zu zeigen. So haben wir mittlerweile unzählige Ausflüge zu Fuss oder per Auto in alle Himmelsrichtungen unternommen. Dabei haben wir zwischenzeitlich nicht nur zwei Paar Wanderschuhe durchgelatscht, sondern auch diverse Drehorte von Filmklassikern wie z.B. „Unsere kleine Farm“ oder „Dr. Quinn“ besucht. Denn die Region eignet sich nicht nur hervorragend dazu, seine Waden stramm zu marschieren, auch die hier im grossen Stil ansässige Filmindustrie hat die unmittelbare Nähe zur unberührten Natur natürlich für sich entdeckt. Etliche Westernklassiker und andere Blockbuster haben unweit von hier das Licht der Welt erblickt. Bei einem der Ausflüge sind wir sogar mitten in den Aufbau zu irgendwelchen Dreharbeiten hineingeplatzt. Die Fantasie der Kinder kannte keine Grenzen mehr. Die Spekulationen darüber, welcher berühmte Filmstar da wohl als nächstes aus dem Wohnwagen mit dem Stern drauf herausplatzt, rissen nicht ab. Dem Set nach hätte ich als Laie auf Dreharbeiten zu einen Werbespot getippt, aber leider mussten wir weiter und das Geheimnis bleibt auf ewig ungelüftet.
| |
Ein weiterer gelungener Ausflug führte uns an den Pazifik, genauer gesagt an den Rincon-Beach. Die knackigen 14° Wassertemperatur hielten Kurt und Jamie dabei nicht davon an, mit dem Bodyboard in’s Wasser zu steigen und ein paar Wellen zu reiten. Papa, der sich irgendwie nicht so ganz dafür erwärmen konnte, musste sich danach natürlich so einiges anhören. Nicht ganz unverdient wie ich unumwunden zugeben muss! Aber uns bleibt ja noch etwas Zeit.
Ganz nebenbei lernen wir von unseren Gastgebern auch eine Menge über die ganzen Vor- und Nachteile, die einen als Exil-Schweizer nach einer Auswanderung hier erwarten. Dinge die sich eher hinter den Kulissen abspielen und von denen man sonst erst erfährt, nachdem man mit Sack und Pack den Atlantik überquert hat. Und da sie zuvor einige Jahre in Canada gewohnt haben, erstreckt sich ihr diesbezügliches Wissen gleich auf den gesamten nordamerikanischen Kontinent. Einem Schwamm gleich saugen wir so gerade eine Flut von Informationen auf, die uns bei der Zukunftsplanung bestimmt an der einen oder anderen Stelle noch von grossem Nutzen sein werden. Denn die Grenze zu Canada ist ja nach wie vor hermetisch abgeriegelt und wenn man die Regierung so lamentieren hört, scheint sich daran in nächster Zeit wohl auch nichts zu ändern.
Besonders hinsichtlich unseres im August auslaufenden Visums wäre es gelogen, wenn wir behaupten würden, dass wir es nicht ab im Hinterstübchen ticken hören. Die Zeit läuft und gleichzeitig hat sich unser Wunsch, auf dem nordamerikanischen Kontinent Fuss zu fassen, nur noch verstärkt. Natürlich steht dabei Canada immer noch ganz oben auf unserer Wunschliste, aber wie wir gerade Erfahren haben, ist es selbst abgesehen von Covid mittlerweile selbst für eine Familie mit guten Vorsätzen, einem gewissen Budget, einer soliden Ausbildung und dem festen Vorsatz in die Wirtschaft zu investieren nicht mehr ganz so einfach, dort die Chance auf ein neues Leben zu bekommen. Zumindest war das die ernüchternde Bilanz nach einem einstündigen und nicht gerade billigen Telefonat mit einer canadischen Anwältin, die sich auf Einwanderungsrecht spezialisiert hat. Die Quintessenz aus dem Gespräch: Der einfachste Weg ist, wenn einer von uns nochmal die Schulbank drückt. Und am besten gleich einen 2-jährigen Studiengang, wodurch man im Anschluss eine entsprechend längere Aufenthaltsbewilligung, bzw. Bewährungszeit bekommt. Denn nach dem Studiengang ist vor dem Einwanderungsprozedere. Wir sind ja wirklich gerne bereits, so einiges für unseren Traum auf uns zu nehmen. Aber wenn man zuerst 2 Jahre die Schulbank drücken muss, um danach beweisen zu dürfen, dass man sein eigenes Geld richtig in’s Land investiert, dann ist das gelinde gesagt schon ziemlich verstörend. Ausserdem kostet so ein 2-jähriger Lehrgang ja auch nix und 2 Jahre gehen ja rum wie im Flug. Mag sein, dass solche Programme auf 20-jährige Studenten wunderbar passen, aber für eine Familie, die leider nicht über ein unerschöpfliches Budget und somit über unendlich viel Zeit verfügt, ist das einfach nur ausgemachter Blödsinn ohne irgendeine Garantie auf ein Happy End. Natürlich gibt es noch weitere Einwanderungsprogramme. Aber zumindest was die Provinz British Columbia angelangt, sind wir dafür entweder zu wenig qualifiziert oder wenn, dann ist es bereits zu lange her oder das Erlernte ist schlicht und ergreifend nix wert in dem sonst so liberalen Staat Canada.
Ein echtes Dilemma, aber wir lassen den Kopf nicht hängen. Wir sind bereits dran, verschiedene Alternativen zu prüfen. Auch in dieser Hinsicht dürfen wir auf die enorm wertvolle Hilfe von Kurt und Marliese zählen, die uns dabei mit Rat und Tat sowie einigen ihrer vielen Beziehungen hilfreich zur Seite stehen. Wir können auch hier wirklich nur nochmal Danke sagen! Es bleibt jedenfalls auch für uns spannend, wohin die Reise letztendlich führt. Der Ausgang ist jedenfalls offener denn je! Fakt ist jedenfalls, dass es zwischen Weiss und Schwarz noch eine Vielzahl von Abstufungen gibt, wovon die Meisten eine genauere Prüfung absolut wert sind.
Ein weiteres Projekt betrifft unsere weitere Art des Wohnens und Reisens. Denn Seit einiger Zeit sitzt uns dieser Floh betreffend dem Kauf und Ausbau eines amerikanischen Schulbusses im Ohr. „Skoolie“ wie man zu diesen teilweise wirklich schön ausgebauten gelben Riesen hier sagt. Wenn man sich mit so einem Projekt auseinandersetzt, wird einem schnell klar, dass man sich auf Busse konzentrieren sollte, die in eher trockenen und warmen Gefilden im Einsatz waren. Nässe und Streusalz sind per se keine Freunde von Fahrzeugkarossen und besonders nicht bei Schulbussen. Was das anbelangt wären wir ja eigentlich goldrichtig im Staate Californien. Leider ist es so, dass sich hier in weitem Umkreis gerade kein einziges entsprechendes Exemplar, in der richtigen Grösse und Bauform, auftreiben lässt. USA-weit besteht wirklich kein Mangel an ausgemusterten Schulbussen zu günstigen Preisen, aber hier scheint irgendwie gerade verkehrte Welt zu herrschen und so richtig erklären konnte uns das bislang auch niemand. So bleibt uns also gerade nichts anderes übrig, als weiterhin sporadisch die ganzen Online-Auktionshäuser und andere Plattformen nach etwas passendem abzusuchen. Sollte das noch länger zu keinem Ergebnis führen, werden wir unser Fühler mal etwas in die angrenzenden klimaverwandten Staaten wie Nevada oder Arizona ausstrecken. Irgendwo steht er unser „Skoolie“ … soviel ist sicher. Es gilt in nur noch zu finden!
Eine der Entscheidungsgrundlagen für dieses Projekt war sicher auch das erneut unglaublich nette Angebot von Kurt, uns bei diesem Projekt mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Denn wie berichtet, haben sie das RV-Rental Imperium „RoadBear“ aufgebaut und dabei einen unermesslichen Erfahrungsschatz mit dem Um- und Ausbau von Campern gesammelt. Dass wir den Bus auch gleich auf ihrem Grundstück ausbauen und dabei ausserdem auf ein unendliches Arsenal an Werkzeug und Zubehör zurückgreifen dürften, ist das Sahnehäubchen auf der Torte! So lautet unser aktuelles Motto: „Keep on looking - Now or never!“
So werden wir also voraussichtlich noch eine Weile hier im californischen „Simi Valley“ zu Gast bei der Familie Hauser bleiben. Eingebettet zwischen Marliese’s unglaublich schönem Garten, wohin sich ab und zu „Kevin“ der Pfau oder „George“ das Eichhörnchen verirren, und Kurt’s beeindruckender Werkstatthalle, fühlen wir uns richtig wohl und geniessen die Zeit bei zumeist sommerlichen Temperaturen! Besuch kriegen wir dabei ausserdem von „Zuma“, einer süssen Hundedame, die sich ganz offensichtlich Hals über Kopf in Lynn verliebt hat. Und wenn wir schon dabei sind, die reichhaltige Fauna der Familie Hauser anzusprechen, dürfen natürlich ihre beiden Katzen „Rocky“ und „Snicker“ nicht fehlen. Ihr seht also, wir sind in jeder Hinsicht in bester Gesellschaft!
Was das Reisen anbelangt, so haben wir für’s Erste eimal abgesattelt und den Gang rausgenommen. Natürlich fehlt es uns zeitweise, zumal wir auch auf dieser Reise wieder soviel Neues gesehen und kennengelernt haben und es unbestritten noch eine Menge zu entdecken gibt. Aber zum Einen mangelt es uns hier nicht im Geringsten an genügend Ausflugsmöglichkeiten, sei es Urban oder Pastoral (!!!), und andererseits ist die Zeit mit diesen wunderbaren Menschen auch eine unglaubliche Bereicherung in mehrerer Hinsicht. Und Reisen können wir jederzeit wieder.
Nach wir gestern den „May the fourth be with you“ Tag begangen haben, bei dem man der Verwandtschaft des durch Star Wars geprägten Satzes „May the Force be with you“ und dem Datum „May the fourth“ (4. Mai) huldigt, machen wir uns nun bereit für die Feierlichkeiten zum heutigen „Cinco de Mayo“. Dabei wird natürlich keine flüssige Würzspeise gewürdigt, sondern der Tag der „Schlacht von Pueblo“, in der am 5. Mai 1862 die zahlenmässig unterlegene mexikanische Armee eine Expeditionsarmee der Franzosen vernichtend geschlagen hat (bringt eventuell auch Punkte beim Chef). Während dieser Feiertag in Mexico eher verhalten gefeiert wird, wird er hier in Californien doch hochoffiziell begossen. Oder wie es Marliese gestern so treffend ausdrückte: Es gibt immer einen Grund für eine Party! Wir haben uns jedenfalls im Deko-Shop schon mal entsprechend eingedeckt und freuen uns auf heute Abend.
Damit, und mit aufrichtig gemeinten sonnigen Grüssen, beenden wir diesen Newsletter. Denn 3-4 Grad würden wir liebend gerne über den Atlantik abgeben, um unserem rollenden Heim etwas den Charakter einer Saune zu nehmen. Den neusten Film über unseren Trip durch’s berüchtigte „Death Valley“ wird in Kürze auf unserem YouTube Kanal verfügbar sein. Einfach zwischendurch mal reinschauen!
So dann macht’s gut liebe Freunde und bis bald!
Eure „Home on Wheels“
Martin, Amy, Lynn & Jamie