BACK TO CANADA BLOG #15
STEP 3 - USA - LEBENSZEICHEN!

06.-19.05.2021

Obwohl es schon wieder eine Weile her ist, waren wir uns nicht ganz sicher, ob wir überhaupt schon wieder einen Newsletter rausbringen sollen. Nicht weil uns die Motivation fehlt oder wir dem faulen Lenz erlegen sind, sondern weil uns seit ein paar Tagen mehrheitlich knochentrockener Materie umtreibt. Und wie das so ist mit trockenen Knochen, es fehlt an Fleisch, bzw. an verwertbarem Material. Und dabei gibt es nichts schlimmeres, als sich durch einen todlangweiliger Newsletter durchzuackern, der einen am Ende mit dem Gefühl zurücklässt, als hätte man gerade ein Stück ungewürztes Tofu verspeist. Doch wie wir finden, ist es nun trotzdem wieder einmal Zeit für ein Lebenszeichen! Denn einige scheinen sich bereit Sorgen gemacht zu haben, dass wir mittlerweile aus Verzweiflung untergetaucht sind oder sonst irgendwie vom Erdboden verschluckt wurden. Das rührt uns zwar, ist aber völlig unbegründet. Der Boden hier scheint trotz tektonischer Aktivität momentan recht solide und wir haben auch nicht vor, uns unter die Millionen von illegal Zugewanderten hier in Californien zu mischen. Selbst wenn das angeblich wegen irgendeinem Irrsinn im Zuständigkeitsbereich zwischen der Polizei und dem Grenzschutz kein allzu grosses Problem wäre. Aber trotzdem ... lieber nicht!
Hier also eine kurze Zusammenfassung, was sich bei uns in den letzten Tagen, bzw. Wochen so alles abgespielt hat.

Gleich vorweg: Wir stehen nach wie vor im Backyard von Kurt und Marlise in lauschigen Simi Valley (Californien), wo wir mittlerweile vor mehr als 4 Wochen angelandet sind. Mal abgesehen von sporadisch auftretendem Reisefieber, gab es bislang für uns keinen drängenden Grund, diesen schönen Flecken, zu Gast bei solch netten Menschen, voreilig wieder zu verlassen. Auf der anderen Seite haben wir natürlich auch nicht vor, uns wie Zecken hier auf ewig festzusaugen. Aber immer wenn wir denken, dass es langsam Zeit ist weiter zu ziehen, werfen wir unsere Entscheidung an einem gemütlichen Lagerfeuer sitzend oder durch die schöne Natur schlendernd über den Haufen. Und da wir bislang auch nicht das Gefühl haben, von unseren Gastgebern zu „Persone non Grata“ erklärt worden zu sein, ist also alles noch im grünen Bereich.

Ein eher rationaler Grund, weshalb wir hier nicht vorschnell abzurauschen möchten, ist eines unserer im letzten Newsletter angetönten Projekte. Den geplanten Austausch unseres rollenden Zuhauses, weg vom 5th Wheel Gespann, hin zu einem selbst um- und ausgebauten School Bus, welche man in der Szene liebevoll „Skoolie“ nennt. Kurt und Marlies haben uns dabei angeboten, das Projekt hier bei ihnen im Garten umsetzen zu dürfen, wobei wir von ihrem unerschöpflichen Know How (sie waren selbst jahrelang im Camper-Business tätig), ihren nach wie vor guten Einkaufskonditionen und der beeindruckenden Werkstattaustattung profitieren könnten. Was das für Auswirkungen auf den Endpreis und die Qualität hätte, kann man sich leicht ausdenken.
Vielleicht fragt ihr euch nun, weshalb wir ein solches Projekt überhaupt in’s Auge gefasst haben. Denn schliesslich haben wir ja alles, was wir zum Leben und Reisen brauchen. Im Grundsatz ist das absolut richtig, denn wir lieben wir unser aktuelles Zuhause nach wie vor heiss und innig. Hier geht es mehr um die seit Anbeginn der Camperszene zirkulierende Gretchenfrage: „Was ist besser - Wohnwagen oder Wohnbmobil?“ Beide Seiten haben dabei durchaus gewichtige und nachvollziehbare Argumente darzubieten. Aber wenn man den finanziellen Aspekt einmal beiseite lässt, ist und bleibt es im Endeffekt eine reine Geschmacksache. 2019 haben wir die USA zum aller grössten Teil mit einem Wohnmobil bereist und aktuell sind wir mit einem 5th Wheel, also eher einem Vertreter der Wohnwagen-Fraktion, unterwegs. Nach Abzug aller Vorteile unserer aktuellen Situation, wie Platzverhältnisse, separates Fahrzeug, etc., sind wir trotzdem zum Schluss gekommen, dass für uns und unsere Art des Reisens ein Kompaktgerät, also ein Wohnmobil, geeigneter ist. Reinfahren, Motor ausschalten, Armlehne hochklappen und nach hinten in’s Zuhause eintauchen. Kein Abkoppeln, kein langes ausnivellieren - einfach nur ankommen und sein. Und bei der Abfahrt natürlich wieder selbiges, einfach in umgekehrter Reihenfolge. Wie gesagt, das ist eine rein persönliche Meinung, die sich massgeblich aus der Art unseres Reisens speist.
Und damit wären wir auch wieder beim Ursprungsthema dieses Abschnitts angelangt: Einen Schulbus ausbauen. Denn von diesen legendären gelben Riesen werden hier jeden Tag etliche ausgemustert und landen danach über die verschiedensten Kanäle, von Auktionshäusern bis hin zu Sozial-Media-Plattformen, auf dem Markt. Leider scheint es so, dass dieses Überangebot nicht gleichmässig über das ganze Land verteilt ist. Und wie immer folgt dem Prinzip von Angebot und Nachfrage der liebe Preis auf dem Fusse. In Zahlen bedeutet das: Während man im Norden und Osten der USA jede Menge Schulbusse in allen Variationen antrifft, und man für ein 37-40 Fuss (11-12 Meter) langes Exemplar in gutem Zustand um die 5000 USD bezahlt, sucht man hier im Süd-/Westen meist vergeblich und wenn man etwas passendes findet, muss ungefähr doppelt so tief in den Geldbeutel greifen.
So sind wir seit unserem Aufenthalt hier auf gerade mal auf zwei prüfenswerte Angebote gestossen. Eines davon ging uns durch die Lappen, weil das Auktionshaus unser Kreditkarte nicht verifizieren konnte (US-Kreditkarten sind fest mit einer Postleitzahl verbunden) und das andere Angebot verlor unser Interesse, nachdem sich der Verkäufer mit jeder Nachricht immer seltsamer aufführte. Das ist tatsächlich die traurige und magere Bilanz unsere bisherigen Bemühungen. Zumindest in einem Umkreis, der noch halbwegs vertretbar ist. So haben wir uns nun dazu entschlossen, noch eine kurze Weile weiter zu suchen und falls das weiter zu nichts führt, dieses Projekt unter „es sollte wohl nicht sein“ für’s Erste abzulegen. Es ist ja zum Glück nicht so, dass wir dringend eine neue fahrbare Wohnung bräuchten.


Ein weiteres Projekt, um nicht zu sagen DAS PROJEKT schlechthin, betrifft natürlich weiterhin unsere Zukunftsplanung oben in Canada. Warum musste es gerade dieses Land sein, in welches wir uns 2019 verliebt haben? Ein Land, welches sich wie kaum ein anderes so schwer damit tut, das vermeintliche Seuchenjoch abzustreifen. Dabei würde ein Blick über die Grenze in die USA genügen, wo sich einige Staaten bereits seit längerer Zeit aus dem Würgegriff dieser ganzen Massnahmen befreit haben und trotzdem keine dramatischen Anstiege von Todes- oder Infektionsopfern zu verzeichnen haben (teilweise verhält es sich sogar genau anders herum). Doch scheinbar hat man sich in Canada dazu entschlossen, eine besonders vorbildliche Mutterrolle einzunehmen und das Ding bis zum bitteren Ende durchzuboxen. Bedeutet für uns: Status Quo!

Quelle: Johns Hopkins University

Wie im letzten Newsletter berichtet, haben wir deshalb vor einigen Tagen mit einer kanadischen Anwältin, die sich auf Einwanderungsrecht spezialisiert hat, das wohl teuerste Telefonat geführt, seit Philipp Reis 1861 die berühmten ersten Worte „das Pferd frisst keinen Gurkensalat“ in eine Hörmuschel gebrüllt hat. Natürlich waren dafür weniger die Verbindungsgebühren verantwortlich, als das stattliche Honorar. Ihre Einschätzung unserer Chancen auf eine ordentliche Einwanderung waren nicht aussichtslos, aber im Grossen und Ganzen doch ziemlich niederschmetternd. Den Zirkus den die da Oben mittlerweile bei einwanderungswilligen Menschen veranstalten, die nicht aus einem Krisengebiet stammen, sondern einfach nur mit der hehren Absicht erscheinen, Geld und benötigte Arbeitskraft in ein abgelegenes Gebiet ihres Landes zu investieren, hat mittlerweile groteske Züge angenommen. Gemäss der Anwältin sollte einer von uns sicher noch ein 2-jähriges Studium in Canada nachlegen, wodurch sich unsere Chancen auf ein Bleiberecht, und damit etwas käuflich zu erwerben, steigern würden. Wohlgemerkt … „steigern“ nicht ansatzweise garantieren! Ich meine so ein Studium kostet ja nix und Zeit haben wir auch jede Menge. Das mag für einen spätpubertären 20-Jährigen, der gerade mit seiner Freundin Schluss gemacht hat, ein absolut gangbarer Weg sein. Aber für eine 4-köpfige Familie, die irgendwann wieder eine Einkommen generieren sollte, ist das einfach nur hausgemachter Blödsinn!
Zusätzlich macht uns das Schreckgespenst Covid das Leben noch zusätzlich schwer. Denn die damit verbundene Grenzschliessung würde uns zwingen, das sprichwörtliche Pferd von hinten aufzuzäumen. Ich denke es ist nachvollziehbar, dass wir eigentlich zuerst nochmal in die entsprechende Region Canada’s eintauchen wollten, um herauszufinden, ob es uns immer noch so gut gefällt wie damals in 2019. Nicht dass wir Zweifel hätten, aber es kann durchaus vorkommen, dass ein neuer Background die Sicht auf gewisse Dinge ändert. Parallel dazu hätten wir uns auf die Suche nach einem entsprechenden Gästebetrieb gemacht, der in unseren Augen Potenzial hat und natürlich in unseren Budgetrahmen passt. Und erst dann, mit der vollen Gewissheit im Herzen und und allen Fakten in Händen, hätten wir uns um das ganze Einwanderungsprozedere gekümmert. Eigentlich ist diese Vorgehensweise nichts, was man lange kommentieren müsste. Ausser natürlich in verwirrten Zeiten wie diesen, wo man selbst dann nicht einreisen dürfte, wenn man sich alle Impfungen dieser Welt in sämtliche Körperteile hätte initiieren lassen, dazu noch getestet und genesen wäre und am Ende noch eine tagelange Quarantäne auf sich nehmen würde. Das kann man sicher schön reden oder geschwollen zurecht argumentieren … Sinn macht sowas aber unter gar keinen Umständen!
Doch es gibt noch ein paar weitere Lichtpunkte am Ende des Tunnels, die je nach Sichtweise mal mehr und mal weniger utopisch anmuten. Wir sind gerade dabei, sie der Reihe durchzuspielen und so gut es geht auszuloten. Die grösste Hoffnung ist und bleibt allerdings, dass Canada in naher Zukunft zur Besinnung kommt und dadurch die Grenze von selbst wieder öffnet. Am besten noch vor Ablauf unseres USA-Visums im August … das wäre wirklich nett. Danke!

Unser Aufenthalt hier bei Kurt und Marlise werden wir voraussichtlich noch bis Anfang nächster Woche ausdehnen. Denn dann sollte spätestens der neue Kotflügel für unseren 5th Wheel geliefert werden, der sich ja zusammen mit dem Reifen vor einigen Wochen auf dem Weg in den „Grand Canyon“ in seine Einzelteile aufgelöst hat. Morgen steht dann noch ein Werkstatttermin für unser RAM-Zugpferd auf dem Programm. Nebst einem Ölwechsel wird ihm dabei auch noch die längst überfällige Nachbesserung des Bremspedals zuteil. Dieses hatte nämlich vor einiger Zeit bedrohlich zu wackeln begonnen. In der Schweiz wurde uns zwar von einem Mechaniker bescheinigt, dass dies keinen Einfluss auf die Stabilität, bzw. Sicherheit hat, trotzdem ist es wackliges Bremspedal kein allzu vertrauenserweckendes Gefühl. Angeblich wird das hier in den USA auf Garantie erledigt, was sich dann spätestens morgen zeigen wird.

Den Rest der Zeit haben wir seit unserem letzten Newsletter genutzt, um zu Fuss oder motorisiert die Gegend hier noch etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Es ist immer noch faszinierend, wie kontrastreich diese Region ist. Eine Verschiebung des Blickfeldes um 30 Grad lässt die Gegend entweder dicht besiedelt oder komplett urwüchsig erscheinen. Daneben konnten wir Kurt und Marlise endlich auch mal etwas als Dank für ihre Gastfreundschaft zurückgeben. Bei dem ausladend und schön bepflanzten Umschwung gibt es fast keinen Tag, an dem nicht irgendwo, irgendwas zu tun wäre. Ein Highlight dabei war sicherlich die Installation der mittlerweile 4. Fahnenstange im Garten der Familie Hauser. Nebst der kanadischen, der Schweizer und natürlich auch der amerikanischen Flagge, flattert nun auch noch der sogenannte „Bäri“ im kalifornischen Wind. Für Nicht-Schweizer: „Bäri“ wird der schwarze Bär genannt, der auf der Fahne des Schweizer Kantons Bern prangt. Marlise kommentierte das Projekt im Vorfeld nur knapp mit den Worten: „Bei uns sieht es langsam aus wie in Disney Land“.



Auch wenn es aus den erwähnten Gründen aktuell eher etwas ruhig um unsere Reiseaktivitäten geworden ist, bleibt es für uns doch gerade spannender denn je. Denn unterm Strich biegen wir langsam aber sicher auf die Zielgerade unserer aktuellen Etappe ein, dessen Ausgang mitentscheidend darüber ist, ob wir auf der nächsten Etappe überhaupt antreten werden. Und auch wenn es aktuell eher so aussieht, als würde es holprig und steinig werden, so haben wir den Kopf noch lange nicht in den Sand gesteckt. Sicher ist jedoch, dass es demnächst wieder mehr zu berichten gibt. Denn egal welchen Ausgang unsere aktuellen Projekte nehmen, die nächsten Tage werden Klarheit schaffen und uns auf die eine oder andere Weise weiter auf Trab halten.

Bis dahin ... fühlt euch gedrückt und herzlichst gegrüsst liebe Freunde!

Eure „Home on Wheels“
Martin, Amy, Lynn & Jamie