BACK TO CANADA BLOG #13
STEP 3 - USA - Naturspektakel pur!
14.-18.04.2021
Vielleicht erinnert ihr euch noch an die Story, als wir in den Red Rocks mitten in einer „Travel Nurse Community“ gelandet sind. Dabei hatten wir uns insbesondere mit Ryan und seinen vier Kindern angefreundet, wobei wir seine Frau Sarah bis Dato wegen ihrer Nachtschichtabeit gerade mal 5 Minuten zu Gesicht bekommen haben. Praktisch alle intensivereren Kontakte die wir auf unsere Reise bisherigen gemacht haben, waren durch’s Band herzlich und bereichernd. Viele davon sind natürlich keine Bande für’s Leben, zwischendurch schlagen aber einige davon kleine Wurzeln. Dem Anschein nach, war es mal wieder soweit.
Denn kurz nach unserer Abreise in den Red Rocks, hatte auch Sarah ihre temporäre Anstellung im Spital beendet und bis zu ihrem nächsten Einsatz oben in Montana, bleiben der Familie nun drei Wochen Zeit, ihr schönes Land noch etwas ausgiebiger zu erkunden. Ihre Reiseroute, die zuerst nach Westen an die Küste und danach hoch Richtung Norden führt, würde sich weitgehend mit unseren Plänen decken. Doch während sie aufgrund des engen Zeitkorsetts mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit reisen, besteht für uns wegen der nach wie vor hermetisch abgeriegelten Grenze zu Canada nicht der geringste Anlass zur Eile. So verabschiedeten wir uns damals mit dem frommen, jedoch weitgehend aussichtslosen Wunsch, uns irgendwann mal wieder zu treffen.
Nun spielt ja das Leben bekanntlich nicht immer nach Drehbuch und in gewissen Fällen ist das auch ganz gut so. Wie in diesem Fall, als sich kurz vor unserer Abreise am Lake Powell herausstellte, dass Ryan mit seiner Familie wegen einigen Sightseeing-Abstechern zwischenzeitlich nicht sehr viel weiter gekommen sind als wir. Um genau zu sein gerade mal 140 Meilen, wobei sie in der Ortschaft St. George ihr Basislager für den bevorstehenden Ausflug in den Zion National Park aufgeschlagen haben. Da sich 140 Meilen mittlerweile anfühlen wie eine kleine Spritztour und der Zion National Park ohnehin ganz oben auf unserer „To-do“ Liste stand, war unser nächster Kurs gesetzt.
Unseren ursprünglichen Plan, den Coral Pink Sand Dunes State Park zu besuchen, liess sich mit unserem neuen Ziel wunderbar vereinen. Lag es doch mehr oder weniger auf halber Strecke direkt am Wegesrand und aus Erfahrung wissen wir, dass man von solchen Sanddünen-Parks nach ein paar Stunden meist mehr genug hat. Spätestens wenn der Sand die letzte Ritze erreicht hat, nimmt der Spassfaktor rapide ab. Das perfekte Kurz-Ausflugsziel also.
Die ersten Vorboten auf das bevorstehende Wüstenabenteuer waren bereits kurz nach dem Verlassen des Highways auszumachen. Eine immer dicker werdende Sandschicht legte sich über das furztrockene Gestrüpp in der Pampa, bis es letztendlich komplett davon zugedeckt wurde. Doch die tatsächliche Hauptattraktion, die Dünen, versteckte sich bis kurz vor dem Parkeingang gut hinter einigen Hügeln. Das ist vermutlich ebenso beabsichtigt, wie der irreführende Name „Coral Pink Sand Dunes“. Denn ehrlicherweise müsste man den Flecken hier „Two Standard Medium Sand Dunes State Park“ nennen, doch dann würde sich vermutlich kaum jemand hierher verirren. Nach dem Grund, weshalb die Wörter „Coral“ und „Pink“ im offiziellen Parknamen erhalten sind, sucht man des weiteren vergeblich. Wie auch immer. Wir waren nunmal hier und das solle sich auch in irgend einer Form lohnen. Der Vorschlag der Kinder, unsere Bodyboards rauszuholen, kam da gerade recht. Auch wenn wir ahnten, dass diese kleinen Surfbretter wohl nicht die optimalen Fortbewegungsmittel auf Sand sind, erschien uns diese Option immer noch besser, als zwei professionelle Sand-Schlitten für 25$ das Stück (!!!) zu mieten. Eine Frechheit sowas!
Sand ist in Kombination mit Wind selten eine sympathische Mischung, ausser man ist vielleicht Sandstrahler von Beruf. Aber sonst, nee! Doch heute sollten wir unverhofft die volle Packung davon abbekommen. Das eher laue Lüftchen auf der Aussichtsplattform liess vorerst nichts böses erahnen. Klar sahen wir die Sandwehe, die sich in einiger Entfernung unablässig über den Dünengrat ergoss. Aber das hatte auf uns eher eine faszinierend als eine bedrohliche Wirkung. Das änderte sich jedoch ganz schnell, als wir ein paar Minuten später keuchend und schnaubend eben jenen Dünenkamm hochstapften. Es fühlte es sich so an, als ob man gerade eine rundum Hauterneuerung bekommt. Natural-Peeling könnte man dazu auch sagen, wobei sich der Sand in jede noch so kleinen Pore einnistete. Was anfangs noch recht lustig erschien, entwickelte sich spätestes nach der ersten Rutschpartie auf der dem Wind abgewandten Dünenflanke zu einer echten Tortur. Denn dort fegte der Sand nicht mehr geradewegs in die vom Wind vorgegebenen Richtung, sondern fächerte sich grossflächig auf und verteilte sich wie bei einem Zerstäuber in alle Richtungen. Kein Kubikzentimeter Luft, der nicht mit abertausenden von winzig kleinen Sandkörnern durchsetzt war. In so einer Umgebung nach Luft zu schnappen ist echte Kunstarbeit und irgendwie verspürt man dabei den ungewöhnlichen Wunsch nach büschelweise Nasenhaaren. Aber von denen hat man sich ja dem aktuellen Schönheitstrend folgend entledigt und so hatte der Sand nun freie Fahrt bis ganz nach hinten. Man konnte es sogar beim Denken knirschen hören! Selbst Sonnenbrille und Mundtuch vermochten dem feinen Sand kaum Einhalt zu gebieten. Ein paar trotzige aber klägliche Versuche die Düne herunterzurutschen später, war dann endgültig Schluss mit lustig. Von Kopf bis Fuss paniert wie ein Wiener Schnitzel machten wir uns auf den Rückweg, wonach es erstmal galt, sämtliche Körperöffnungen von diesem feinen, braunen Puderzucker zu befreien. Nach erfolgter Grobreinigung konnte es endlich weiter gehen.
Trotz des verkürzten Dünen-Aufenthaltes erreichten wir den nun angepeilten St. George RV Park leider erst nach Büroschluss. Ein Zettel an der Office-Türe liess Spätankömmlinge wie uns wissen, dass man sich in so einem Fall telefonisch auf eine angegebene Telefonnummer melden soll. Gesagt, getan und kurz darauf rollte der Platzwart in seinem Pickup auf den Hof. Keine Ahnung wie die Gesetzeslage betreffend Alkohol am Steuer im Staat Utah aussieht, aber ich würde mal wetten, dass er mehrere Schluck darüber lag. Nichts desto trotz, oder gerade deswegen, war seine folgende Darbietung als Einparkhilfe umso eindrücklicher. Mit sehr ausladenden Gesten und einer Zeichensprache die ich davor so noch nie gesehen hatte, half er mir die milimetergenaue Position für unseren 5th Wheel zu finden. Vielleicht war er ja in seiner früheren Tätigkeit Einwinker am Flughafen und so verkniffen wir es uns ihm zu erklären, dass wir dieses Ding in der Schweiz in Lücken gequetscht haben, gegen die dieser Platz hier wie eine Turnhalle erscheint. Als unsere übereifrige Parkhilfe endlich zufrieden war und wieder von Dannen zog, begann für uns dann der gemütliche Teil. Die Feier zur unverhofften Wiedervereinigung mit unseren Freunden von den Red Rocks wurde jedenfalls bis spät in die Nacht hinein und sehr ausgiebig zelebriert. Ryan kramte zu gegebenem Anlass noch seine elektrische Gitarre hervor, was sicher nicht alle im näheren Umkreis, uns dafür aber uns umso mehr erfreute!
Der nächste Tag, der im Zeichen eines gemeinsamen Ausflugs in den Zion National Park stand, liessen wir entsprechend gemütlich angehen. Allen Erwartungen zum Trotz erreichten wir unser Ziel aber doch noch ein gutes Stück vor Mittag. Der grösste Teil des Parks ist für den privaten Autoverkehr gesperrt. Normalerweise stellt man deshalb sein Fahrzeug nach dem Eingang auf dem Parkplatz ab und bewegt sich von da an mit Shuttlebussen. Wie gesagt "normalerweise“ … aber wir leben ja auch nicht in normalen Zeiten. Denn natürlich hat man sich auch hier von Kopf bis Fuss und mit ganz viel Übereifer auf die Ausrottung dieses Virus spezialisiert. Ohne dass man sich Wochen zuvor Online um Tickets für die Shuttlebusse bemüht, hat man praktisch keine Chance, noch einen der begehrten Sitzplätze zu ergattern. Dank einem Geistesblitz von Ryan und einer ordentlichen Portion Glück gelang es uns dann aber, ein paar Meilen im Parkinnern einen halboffiziellen Parkplatz zu finden, in den wir uns in Ermangelung an Alternativen gleich zu zweit reinquetschten. Der Rest sollte nun also Fussarbeit werden. Aber wir hatten heute ja ohnehin vor, ein paar Meilen per Pedes zurückzulegen. Die paar Meilen oben drauf werden uns dabei sicher auch nicht umbringen.
Der erste Streckenabschnitt der Hauptstrasse entlang gestaltete sich erwartungsgemäss unromantisch. Das ist wohl auch der Grund, weshalb die wenigen Plätze in den Shuttlebussen über Wochen hinaus ausverkauft sind. Das änderte sich jedoch schlagartig, als wir nach ein rund 4 Meilen endlich auf den offiziellen Wanderweg überwechselten und uns plötzlich in einer Welt wiederfanden, die durchaus als Kulisse für Filme wie Hobbit, Heidi oder Bonanza durchgehen könnten. Alles da was es für ein episch-/idyllisches Ambiente braucht. Bunt gestreifte Felsen, ausgedehnte Kaktushaine, knorrige Bäume und in der Mitte eine fröhlich vor sich hin plätscherndes Flüsschen. Ein Truthahn, der uns dabei über den Weg lief, schlüpfte spontan in die Hauptrolle unseres ganz eigenen Films. Leider gingen ihm sämtliche unserer originalgetreuen Lockrufe eiskalt am Allerwertesten vorbei. Vermutlich haben Truthähne einfach gerade keine Balz. An unserer akustischen Darbietung kann es jedenfalls unmöglich gelegen haben.
Am Ende des Weges war dann erstmal Schluss mit Idylle. Inmitten dieser kargen Landschaft hat man in amerikanischer Manier mal eben eine ausgewachsene Parkanlage mit diversen Holzhäusern hingestellt. Die saftgrüne Wiese in der Mitte passte derart nicht in’s Landschaftsbild, dass einem fast die Augen tränten. Nichtsdestotrotz schien es uns der perfekte Platz, um kurz die Füsse hochzulegen und vor allem, sich endlich der vielen knurrenden Mägen in unserer Wandergruppe anzunehmen. Natürlich geht das heute nicht mehr ganz so einfach. Ein ausgeklügeltes Abfertigungssystem sorgte dafür, dass aus der Essensausgabe kein Superspreader-Event wird. Meine Hochachtung an dieser Stelle an die geistigen Schöpfer, selbst wenn mir nicht ganz klar war, weshalb man das Gedränge vor dem Buffet einfach ein paar Meter weiter zu einem Bestellschalter verlagert hat. Aber seit drum. Frisch gestärkt und frohgemut schleppten wir uns danach noch eine kurze Strecke weiter bis zum "Lower Emerald Pool". Ein Teich, in den sich üblicherweise eine tosende Wasserwand von einem Felsen herab stürzt. Leider war davon wegen des aktuellen Wassermangels bei unserer Ankunft nur ein Plätschern übrig. Doch auch der Weg dahin hatte durchaus seinem Charme, so dass die Extrameile wenigstens nicht ganz umsonst war. Es gibt übrigens drei dieser "Emerald Pools", die man alle über einen 2,5 Meilen-Rundtrip erreichen kann. Aber für uns war nun Feierabend. Denn wir mussten ja die gesamte Strecke auch wieder zurück latschen.
Kurz haben wir darüber nachgedacht, auch ohne entsprechendes Ticket einfach frech einen der Shuttlebusse zu besteigen. Leider hatte sich der Besucher-Gezeitenstrom zwischenzeitlich komplett gedreht und die Busse in Richtung Ausgang waren rappelvoll. Wegen der an sich schon sehr limitierten Sitzplätze hatte sich an der Busstation eine entsprechend grosse und dicht gedrängte Menschentraube gebildet. Hab ich erwähnt, wie sehr ich diese Art von Ironie mag? Unter all diesen Umständen mussten wir leider unseren finsteren Plan begraben und den Rückweg notgedrungen zu Fuss antreten. Ihn diesem Zusammenhang vielleicht ein kleiner Geheimtipp meinerseits. Wenn euch mal die Motivation beim Wandern verlässt, stimmt einfach ein kleines Weihnachtsliedchen an. „Little Drummer Boy“ eignet sich beispielsweise hervorragend, um locker noch 3-4 zusätzliche Meilen zu überbrücken. Falls ihr noch weitere Tipps zum Thema "Es gurkt mich an, wie weiter?" benötigt, lasst es uns einfach wissen ;-).
Der krönende Abschluss dieses ansonsten sehr gelungenen Ausflugs bildete die motorisierte Sightseeing Tour auf dem Zion-Mt. Carmel Highway, der die Verbindungsstrasse zum Westausgang des Park darstellt. Weitere Ausführungen betreffend Aussehen und Beschaffenheit von Felsen erspar ich euch an dieser Stelle. Davon hatten wir bereits genug. Und ausserdem würde jeder Versuch einer Beschreibung der Realität spotten. Das kann unser aktuelles Travel-Video viel besser. Den Link dazu packen wir euch natürlich wieder an’s Ende dieses Newsletters.
Nach einem weiteren gemütlichen Abend mit unseren Freunden beendeten wir das unverhoffte Wiedersehen am nächsten Morgen mit einer herzlichen Verabschiedung. Ihre nächste Etappe führt sie nun in einem 8-stündigen Kraftakt non-stop rüber nach Californien. Das lassen wir einiges gemütlicher angehen. Und ausserdem haben wir entscheiden, dabei die Route durch das Death Valley zu nehmen. Ein Oasenflecken mitten in dieser faszinierenden Ödnis, welcher knapp 30 Meter unter Meeresniveau liegt, hat uns bereits 2019 beherbergt und fasziniert. Und da möchten wir nun erneut hin. So rauschten wir einige Stunden später durch die Vororte der Oasenmetropole Las Vegas, um kurz dahinter in die Abgeschiedenheit des Death Valley einzutauchen.
Welche Auswirkungen dieser Entscheid auf unsere gesamte weitere Reiseplanung hat, ahnten wir bei unserer Ankunft in der "Furnance Creek" Oasen-Gegend noch nicht im geringsten. Alles begann ganz harmlos, dass Jamie plötzlich schrie: „Schaut! Da drüben weht eine Schweizer Flagge“. Tatsächlich konnte man hinter Büschen und Sträuchern hoch im Himmel das vertraue Rot/Weiss im Wind flattern sehen. Da man aktuell jedoch selten bis nie auf Touristen aus Europa stösst und die Amerikaner mit Vorliebe die Schweizer Fahne mit der Flagge des "Roten Kreuzes“ verwechseln, sagten wir Jamie, dass es sich dabei wohl eher um eine Sanitätsstation handelt. Wie unrecht wir damit hatten, zeigte sich einige Minuten später, als wir auf den sehr rustikalen und nur von wenigen Besuchern belegten „Sunset Campground“ einbogen. Und nun konnten wir auch endlich erkennen, was sich da am unteren Ende der Fahnenstange befand. Es war keine Sanitätsstation sondern ein in Sandtarn lackierter Steyr-Lastwagen, der zu einem imposanten Expeditionsfahrzeug umgebaut wurde. Nachdem wir uns häuslich eingerichtet und uns durch das Hissen der eigenen Fahne ebenfalls als Schweizer zu erkennen gegeben hatten, machten wir uns auf den Weg, das Geheimnis dahinter zu lüften. Denn für mich war die Theorie mit der Sanität noch nicht ganz vom Tisch. Es könnte ja auch eine „Travel Nurse" sein, die von ihrem rollenden Zuhause aus Frohndienst leistet. So wie ja auch Zimmermänner nach ihrer Ausbildung auf Walz gehen. Doch spätestens als wir in bestem Bern-Deutsch begrüsst wurden, war uns klar, hier wurde die Schweizer Fahne ihre korrekte Bedeutung zu Teil. Und so lernten wir Kurt „Küde“ und Marlies, mit ihren Freunden Gerald und Inge kennen, die sich mit ihren Campern hier ein paar Tage niedergelassen haben.
Gerald ist gebürtiger Amerikaner und seine Frau Inge kommt ursprünglich aus Deutschland. Nach einem Abstecher nach Canada haben sie sich nun in der califonirschen Ortschaft "Thousand Oaks" niedergelassen. Kurt und Marlies sind vor vielen Jahrzehnten von der Schweiz aus zuerst nach Canada und danach in die USA ausgewandert, wobei sie das Wohnmobil-Imperium „Road Bear“ gegründet haben. „Road Bear“ ist vermutlich allen, die sich schon mal mit dem Thema Wohnmobil-Mieten in den USA befasst haben, ein Begriff. Unter der Führung von Kurt und Marlies hat sich dieses Unternehmen über die Jahre zu einer der Grössen Camper-Vermietungen im ganzen Land und darüber hinaus entwickelt. Doch selbst dieses beachtliche und erfolgreiche Lebenswerks hielt sie nicht davon ab, mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu bleiben. Den Betrieb haben sie mittlerweile verkauft und leben nun im californischen "Simi Valley", einem Nachbarstädtchen von "Thousand Oaks".
Um hinter das Geheimnis ihres Erfolgs zu kommen, braucht man sich eigentlich nur mit Kurt und Marlies ein paar Minuten zu unterhalten. Von Ruhestandslethargie oder Rentner-Relaxing ist gar nichts zu spüren. In die vielen spannenden Gesichten ihres bewegten Lebens mischen sich besonders bei Kurt immer wieder neue Pläne und Ideen. Ein eindrückliches Beispiel davon was passieren kann wenn Kurt eine Idee hat, stand dabei in Form dieses in Perfektion zum Wohnmobil umgebauten Steyr vor uns. Wobei dies noch lange nicht das ausgefallenste Projekt ist, welches Kurz je in Angriff genommen hat. Vor einigen Jahren kaufte er sich ein 8x8 US-Militärfahrzeug, ein Stahlmonster gigantischen Ausmasses, welches ursprünglich für das Abschiessen von Raketen konstruiert wurde, und baute es fachmännisch zu einem XXL Expeditionsfahrzeug um. Leider konnten wir dieses Meisterstück nur noch auf Fotos und in einer Film-Reportage bewundern, welche ein US-Fernsehsender vor einiger Zeit darüber gedreht hat (hier geht’s zum Video). Das Fahrzeug hat mittlerweile den Besitzer gewechselt, was, wenn man Kurt so reden hört, bei ihm sicher heute noch heute ab und zu Wehmut auslöst. Gemeinsam mit all diesen wunderbaren Menschen verbrachten noch einen gemütlichen und schönen Abend unter dem Himmel des Death Valley.
Was am Abend mit ein paar kühlen und böigen Windstössen begann, mauserte sich in der Nachts zu einem ausgewachsenen Sturm, deren Ausläufer auch am nächsten Morgen noch durch’s Tal pfiffen. Auch wenn man nicht aus Pappe ist, geht einem das ständige Gezerre und Geschaukel irgendwann ziemlich auf den Geist. So entschlossen sich Kurt, Marlies, Gerald und Inge im Verlauf des Vormittags, ihren Ausflug etwas früher als geplant zu beenden und wieder nach Hause zu fahren. Während wir uns von ihnen verabschiedeten, bekamen wir von Kurt und Marlies noch das unglaublich herzliche Angebot, bei Ihnen ein paar Tage zu verbringen. Ihr Grundstück erlaubt es sogar, dass wir unserer Trailer darin abstellen und bewohnen können. Für den Fall der Fälle wurden wir von Gerald uns Inge auch noch gleich zum Dinner eingeladen. Im festen Vorsatz, dieses nette Angebot eines Tages danken anzunehmen, verabschiedeten wir uns für’s Erste von allen.
Wir blieben noch einen weiteren Tag im Death Valley auf dem „Sunset Campground“, der zwar von der Infrastruktur her nicht allzu viel bot, dafür aber sehr günstig und vor allem für Ausflüge sehr gut gelegen ist. Einem Tipp von Kurt folgend, befuhren wir so am Nachmittag noch eine nahgelegene und knapp 10 Meilen lange Ringstrasse, die sich „Artist Drive“ nennt. Als ich diesen Namen hörte, schoss mir alles mögliche durch den Kopf. Und innständig hoffe ich, dass sich dort nicht irgendwelche Kunststudenten der "Death Valley Academy of Art", wenn es die denn gibt, auf den Fels ausgetobt haben. Denn das Verhältnis zwischen mir und der bildenden Kunst ist, um es mal vorsichtig auszudrücken, oft etwas angespannt. Zum Glück waren meine Bedenken aber komplett grundlos. Wie sich herausstellte, hat sich dort nur ein Künstler ausgetobt und das war die Natur selbst. Spektakulär war dabei nicht nur das farbenfrohen Tapetenmuster, mit welchem die Natur die Felsen überzogen hat, sondern auch die abenteuerliche aber sehr gut ausgebaute Route mitten durch dieses naturbelassene Maler-Atelier. Ein wirklich lohnenswerter Ausflugstipp, wenn ihr mal in der Gegend seid!
In der folgenden Nacht riss und zog der Wind erneut heftig an unserem rollenden Zuhause, wenngleich nicht mehr ganz so dolle wie in der vorangegangenen Nacht. Trotzdem begannen auch wir langsam zu spüren, dass es Zeit ist weiterzuziehen. Vieles was man hier sehen und unternehmen kann, haben wir ausserdem 2019 bereits abgehakt. Ansonsten hätten es sich sicherlich gelohnt, noch etwas länger zu bleiben. Denn auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht so erscheint, aber in dieser vermeidlichen Trostlosigkeit gibt es eine Unmenge Interessantes zu erkunden und entdecken.
Unser weiterer Weg führte uns nun Richtung Westen aus dem Death Valley hinaus. Und soweit wir wissen, führt dabei kein Weg am „Towne Pass“ vorbei, der, wie wir uns noch allzu gut erinnern konnten, bereits 2019 die Bremsen unseres damaligen Wohnmobils (der Bismarck) zum Glühen brachten. Die Höhe an sich ist nicht sonderlich beeindruckend, denn der „Towne Pass“ ist gerade mal 4956 Feet (ca. 1500 Meter) hoch. Die Krux an der Geschichte ist, dass besonders die Nord-/Ostseite über keine steigungsverringernden Serpentinen verfügt. Auf rund 24 Kilometern steigt man kontinuierlich und auf kerzengerader Piste von unter Meereshöhe auf 1500 Metern Höhe und danach über eine serpentinenreiche, aber nicht minder steile Strasse über 14 Kilometer wieder hinunter auf Meereshöhe. Das ist wohl auch der Grund, weshalb viele Campervermietungen ihren Kunden, besonders in den heissen Sommermonaten, die Überquerung dieses Passes verbieten. Auch unser aktuelles Reisegespann sonderte auf der Talfahrt den einen oder anderen strengen Geruch nach sich auflösenden Bremsbelägen ab, so dass wir ihnen trotz unermüdlichem Einsatz der Motorbremse zwei Verschnaufpausen gönnen mussten. Wir waren jedenfalls erneut heilfroh, als wir endlich den Talkessel erreichten, wo wir alsbald in Richtung Norden, wo sich all die riesigen Salzseen und Salzgewinnungsanlagen befinden, abbogen.
Ein weiterer Tipp von Kurt und Marlies war dabei eine Übernachtung in den "Troja Pinnacles“. Pinnacles bedeutet Zinnen, was sich wiederum auf die dort vor Urzeiten vom Meer geformten Steinformationen bezieht. Diesen Ort, der bereits George Lucas als Filmset für seine Star Wars Filme diente, haben wir letztendlich leider nie live zu Gesicht bekommen. Die zunehmends raue und von tausenden Rillen durchzogene Naturstrasse liess für mein Empfinden nicht mehr als 5 Meilen pro Stunde zu. Und selbst dabei lösten sich vor meinem geistigen Auge überall Schrauben und Nieten und flogen uns bei nächster Gelegenheit um die Ohren. Natürlich war das ausgemachter Blödsinn, aber nachdem die Strasse mit jeder Meile nur noch schlimmer wurde und der angepeilte Platz bei der Geschwindigkeit erst in einer Stunde erreicht sein würde, brachen wir die Aktion an und drehten um. Die Nacht verbrachten wir letztendlich auf dem Walmart-Parkplatz in der nahgelegenen Stadt „Ridgecrest“, was auch landschaftlich den Wendepunkt von der Pampa wieder zurück in die Zivilisation darstellte. Eine weitgehend windfreie und ruhige Nacht, die lediglich von vertrauten Geheul einiger Kojoten durchzogen war.
Was das Angebot von Kurt und Marlies anging, einige Tage bei Ihnen zu verbringen, brauchten wir am nächsten Morgen nicht lange zu diskutieren. Für uns war klar, dass wir all diese herzlichen Mensch, die wir da irgendwo im Nirgendwo des Death Valley kennengelernt haben, gerne nochmal wiedersehen würden. Und auch die Distanz von „Ridgecrest“ aus nach „Simi Valley“, wo Kurt und Marlies wohnen, ist mit knapp drei Stunden bemessen eine eher gemütliche Tour. Bevor es allerdings losgehen konnte, galt es einmal mehr das bombastische Walmart-WiFi für den Upload des Newsletters und des aktuellen Reisevideos zu nutzen. Später als gedacht aber froh auch den Administrativen Teil unserer Reise erledigt zu haben, zogen wir los in Richtung „Simi Valley“, welches nur einen Katzensprung nördlich der Malibu Mountains und knapp 35 Meilen Luftlinie von Los Angeles entfernt liegt.
Um Kurt und Marlies wird es sich wohl auch in unserem nächsten Newsletter noch etwas ausgiebiger drehen. Denn mit dem, was wir nach unserer Ankunft bei Ihnen erfahren durften, hatten wir nicht ansatzweise gerechnet. Aber davon berichten wir euch in unserem nächsten Newsletter.
Wie versprochen, hier noch der Link zum aktuellen Reisevideo. Das Sandabenteuer auf den Dünen und der unglaubliche Zion National Park. Die Audio-/Visuelle Aufarbeitung der Tour durch das Death Valley wird allerdings erst im nächsten Video zu sehen sein. Aber es lohnt sich auch so, hier mal reinzuschauen! Hier geht's zum Video.
Besten Dank übrigens noch für die zahlreichen Rückmeldungen betreffend dem Begriff "Petri", der uns wegen seinem Doppelbezug zu Steinen (Geologie) und zur Fischerei (Petri Heil) etwas verwirrt hat. Also Wissenschaft trifft auf den heiligen Petrus und damit auf die Religion. Zwei Bereiche, die sonst eher weniger miteinander zu tun haben. Der Schnittbereich scheint simpel und einfach im griechischen Begriff "Pétros", was Fels bedeutet, zu liegen. Und Petri ist folglich einfach der der Plural davon.
So ... und nun ist Schluss mit den Begriffsfaseleien. Wir wünschen euch noch einen guten Wochenstart und senden euch die besten Grüsse aus dem wunderschönen Simi Valley!
Eure „Home on Wheels“
Martin, Amy, Lynn & Jamie